Verwaltungsreform: Herbst einer Eifeler Kommune

Jünkerath · Der Rat der Verbandsgemeinde Obere Kyll hat die Vereinbarung über eine Fusion mit Hillesheim und Gerolstein beschlossen. Nicht ohne Diskussion.

 Die Dreierfusion: So ungefähr dürften da vom 1. Januar 2019 an die Verhältnisse sein. TV-Foto/Montage: Fritz-Peter Linden

Die Dreierfusion: So ungefähr dürften da vom 1. Januar 2019 an die Verhältnisse sein. TV-Foto/Montage: Fritz-Peter Linden

Foto: (e_pruem )

Jünkerath Der Dreier rückt näher: Die Vereinbarung über eine Fusion mit den Verbandsgemeinden Hillesheim und Gerolstein hat am Donnerstag den Rat der Verbandsgemeinde (VG) Obere Kyll passiert. In Gerolstein erfolgte der Beschluss vorige Woche, am Montag sind die Hillesheimer dran.

Allerdings geht das Papier in Jünkerath nicht einstimmig durch. Fünf Fraktionäre sind dagegen - und die Bürgermeisterin: Sie sehe sich einfach in der Pflicht ihrer Bürger, sagt Diane Schmitz. Und von denen hätten nun einmal die meisten für Prüm gestimmt.

Das bringt ihr einen Vorwurf von Harald Schmitz (Ortsbürgermeister von Stadtkyll) ein: Sie habe doch noch im Juni strahlend auf einem Foto mit ihren Kollegen Heike Bohn (Hillesheim), Matthias Pauly (Gerolstein), den Landtagsabgeordneten und Landrat Heinz-Peter Thiel gestanden und den erneuten Versuch der Dreierfusion mitverkündet.

"Das war eine Presseerklärung des Landrats", kontert Diane Schmitz. "Die ist ohne meine Zustimmung so rausgegangen." Zudem habe Thiel ihr Vorgaben machen wollen, was sie zum Thema sagen solle: "Aber ich lasse mich nicht instruieren." Drum: nein.

Bis dahin ist die Diskussion in sachlichen Bahnen gelaufen: Etliche Ratsmitglieder erklären, warum sie mit "Ja" oder "Nein" votieren werden. Lothar Schun (FWG) sieht zur Dreierfusion "keine vernünftige Alternative". Fraktionskollegin Walfriede Kasel stimmt dagegen - "aus Respekt und Achtung vor dem Bürgerwillen". Aber auch, weil sie in Prüm stabilere Verhältnisse sehe: Dort gebe es einige große Betriebe, in denen viele Bürger von der Oberen Kyll arbeiten. In Gerolstein "haben wir nur den Brunnen".

Auch die Ortsbürgermeister, die nicht dem Rat angehören, melden sich: "Ich und viele andere, die Bürgerentscheide hatten", sagt Cornelius Dahm (Ormont) "fühlen sich kräftig veräppelt. Ich bin schwer enttäuscht."
Edi Schell (CDU) verweist auf die elend lange Zeit, in der man das jetzt schon mache. Es bleibe aber keine andere Möglichkeit, die Gemeinden "finanziell ein bisschen besser zu stellen". Er werde der Fusion zustimmen.

Nicht aber Walter Schneider und Ewald Hansen (SPD): Hansen zweifelt weiterhin das Zahlenwerk im Fusionsentwurf an. Außerdem gebe es eben die Bürgerentscheide und Ratsbeschlüsse für Prüm. "Die sind mir wichtiger als unseren Landtagsabgeordneten und vor allem als unserem Landrat." Das Ganze erinnere ihn an die erste Kommunalreform: "Das ist das Gleiche wie vor 40 Jahren. Da wurde das Amt Stadtkyll mit dem Kreis Daun verkuppelt. Sonst wäre der schon damals über die Wupper gewesen."

Harald Schmitz hingegen - auch die Stadtkyller stimmten klar für Prüm - sieht in der Dreierfusion die Chance, seine Gemeinde schneller zu entschulden. Deshalb könne er nicht warten, bis man mit den Abteistädtern fusionieren dürfe. Auch Dirk Weicker aus der SPD-Fraktion, Gemeindechef in Hallschlag, bekennt sein Dilemma: Die Bürger wollen nach Prüm, er aber werde für die andere Fusion stimmen. Am Ende, in den Gemeinderäten, ergänzt er, "haben wir immer noch die Möglichkeit zu sagen: Nein, bei dem Gesetzentwurf machen wir nicht mit."

Walter Schmidt (CDU) beantragt die Abstimmung. Aber sein Fraktionskollege Josef Vietoris - steter Gegner der Prüm-Fusion - will unbedingt noch etwas sagen: Die Dreierfusion sei nun einmal, "wie der Landrat immer sagt, eine Vernunfthochzeit". Deshalb müsse man die jetzt beschließen.

Dann wendet er sich an Diane Schmitz, deren Amtszeit zum Jahresende ausläuft. Wenn sie jetzt nein sage, müsse sie sich fragen: "Bin ich zum Wohl der Bürger da oder zu meinem eigenen Wohl?" Sie verhalte sich doch nur so, weil sie ihre Chancen schwinden sehe: "Sie können nicht mehr gewählt werden. Und jetzt sind Sie dagegen." Aufruhr, Kopfschütteln, Krach - und einer ruft Vietoris zur Räson: "Platz!" Dann erfolgt die Abstimmung: 18 Ja, sechs Nein.

Ach so: Die Landtagsabgeordneten Astrid Schmitt (SPD), Gordon Schnieder (CDU) und Marco Weber (FDP) kommen durch die Bank nicht gut weg. Wie auch deren Versprechen eines späteren Wechsels einiger Ortsgemeinden nach Prüm: Diesen Dreien, sagt Dirk Weicker nicht als Einziger, "glaub ich gar nichts mehr".
Kommentar

Anstand

Von Fritz-Peter Linden

Was Josef Vietoris da an Häme gegen die Bürgermeisterin rauskübelte, zeigt einen weiteren Fehler dieser üblen Kommunalreform: Sie bringt Menschen dazu, sich beschämend aufzuführen. Zum Glück hatten die anderen im Rat
ihren Anstand beieinander und wiesen Vietoris zurecht. Diane Schmitz hat sich für ihre Bürger - und letztlich für die Abschaffung ihres eigenen Amts - eingesetzt, während andere vermutlich schon auskegeln, welche Pöstchen in den künftigen Konstellationen für sie drin sind. Das sollte man würdigen, falls sie sich demnächst vielleicht etwas Besseres sucht. Verdient hätte sie es.

f.linden@volksfreund.de

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