Auf Euphorie folgt Ernüchterung

Daun · Zwischenbericht zum Dialogprozess Gesteinsabbau sorgt bei Politikern und Naturschützern für zwiespältige Gefühle.

 Der aktuelle und künftige Gesteinsabbau in der Vulkaneifel (wie hier bei Kirchweiler) bewegt die Menschen in der Region. Bis zum Sommer soll es einen ersten Kompromissvorschlag geben. TV-Foto: Mario Hübner

Der aktuelle und künftige Gesteinsabbau in der Vulkaneifel (wie hier bei Kirchweiler) bewegt die Menschen in der Region. Bis zum Sommer soll es einen ersten Kompromissvorschlag geben. TV-Foto: Mario Hübner

Foto: Mario Hübner (mh) ("TV-Upload H?bner"

Daun Überwiegend enttäuscht verlassen Hartmut Schmidt von der Arbeitsgemeinschaft (AG) Dauner Naturschutzverbände sowie Hans Erkert von der Interessengemeinschaft (IG) Eifelvulkane und ihr knappes Dutzend Mitstreiter am Montagabend das Kreishaus in Daun. Denn das, was sie in den zwei Stunden zuvor in der Sitzung des Kreisausschusses über den aktuellen Stand der Planungen für den künftigen Gesteinsabbau in der Vulkaneifel gehört haben, hat ihnen nur anfangs gefallen. Ankündigung: Zu Beginn der Sitzung hatte der Leitende Planer der Planungsgemeinschaft Region Trier, Roland Wernig, noch verkündet: "Der Planentwurf von 2014 spielt keine Rolle mehr, wir fangen auf Basis der zusammengetragenen aktuellen und fundierten Daten bei null an." Vorgeschichte: ´Konkret meinte Wernig damit, dass die ursprünglichen Gesteinsabbaupläne des Landesamtes für Geologie und Bergbau ad acta gelegt werden. Sie sahen eine massive Erweiterung der Gruben vor, woraufhin zunächst zahlreiche Bürger (unterstützt von der IG und der AG) protestierten und sich dann auch etliche kommunalpolitische Gremien dagegen wandten und bis heute wenden. Knackpunkt: Im Lauf der Sitzung sagte Planer Wernig dann aber auch: "Die Vulkaneifel ist ein landesweit, in Teilen auch bundes- und EU-weit bedeutsames Gebiet der Rohstoffgewinnung. Es ist daher von volkswirtschaftlicher Bedeutung, diese Rohstoff-Lagerstätten zu sichern."Für Hartmut Schmidt war exakt diese Aussage Grund für Ernüchterung: "Das ist doch wieder nur die alte Leier. Der Auftrag in diesem Konflikt kann nicht die einseitige Sicherung von Rohstoffflächen sein, sondern die Steuerung des Gesteinsabbaus." Ein Instrument dafür sei, endlich auch Ausschlussflächen (Tabuzonen) für den Gesteinsabbau zu definieren - was das Planungsrecht bislang nicht vorsieht. Und Erkert meinte: "Solange dem Gesteinsabbau weiterhin ein Primat eingeräumt wird, macht der ganze Dialogprozess keinen Sinn." Abwägung: Und wenn schon die volkswirtschaftliche Notwendigkeit der Rohstoffsicherung betont werde, müsse auch über den volkswirtschaftlichen Schaden gesprochen werden, den ein übermäßiger Abbau für die Vulkaneifel, ihre einzigartige Landschaft und ihren Tourismus bringe. "Da werden auf der einen Seite Millionen für ein Gesundland Vulkaneifel und naturnahen Tourismus ausgegeben, und mit dem Hintern wird das mühsam Aufgebaute wieder eingerissen. Kann es das sein?", fragte Schmidt rhetorisch. Zeitplan: Fragen hatten auch etliche Kreistagsmitglieder, unter anderem nach dem Zeitplan. Den skizzierte Planer Wernig so: "Auf Basis der erfolgten Konfliktanalyse und des ersten Durchgangs der runden Tische, bei dem mehr als 160 Stellen, Akteure und Institutionen gehört wurden, erstellt das beauftragte Fachbüro bis zur Sommerpause einen ersten groben Lösungsvorschlag. Der wird ab der zweiten Jahreshälfte erneut an den runden Tischen breit diskutiert. Ziel ist es, daraus ein breit getragenes Konzept zu erhalten und in der Planungsgemeinschaft zu verabschieden." Parallel dazu solle eine Grundsatzdiskussion eröffnet werden, ob und in welchem Umfang Gesteinsabbau in der Vulkaneifel überhaupt nötig sei. Forderungen: Sowohl die Naturschützer als auch die Kommunalpolitiker fordern jedoch, dass die Ergebnisse dieses Diskurses in die Fachplanung aufgenommen werden. "Sonst ist es nur eine Pseudovorstellung. Und die braucht niemand", sagte CDU-Fraktionsführer Gordon Schnieder - und gab damit die Meinung vieler wieder. Zudem verlangte er eine Aufstellung, wie viele bislang genehmigte Gruben es gebe, wie stark diese bereits ausgebeutet seien und wie viel Material jährlich gefördert werde. Denn daran lasse sich der Bedarf ablesen, so Schnieder. Auf die Reaktion Wernigs ("Ich befürchte, dass wir von den Unternehmern keine belastbaren Informationen bekommen.") entgegnete der CDU-Mann: "Dann kriegen wir ein Problem. Die Planung muss sich selbstverständlich am Bedarf orientieren. Es kann nie und nimmer sein, dass wir alles, was theoretisch möglich wäre, übernehmen." Kritik: Ebenso einig waren sich die Kommunalpolitiker über die Fraktionsgrenzen hinweg, dass die Öffentlichkeitsarbeit der Planungsgemeinschaft "zurückhaltend ausgedrückt - verbesserungswürdig ist", so Schnieder. Oder wie Alfred Lorenz (FWG) es sagte: "Die Transparenz ist beileibe nicht ausreichend." Das sah Chefplaner Wernig anders. Derzeit befinde man sich in einer "internen Arbeitsphase". Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn der neue konkrete Planentwurf vorliege, werde es auch eine öffentliche Beteiligung geben. Zudem habe die Planungsgemeinschaft die neu zusammengestellten Daten auf ihrer Homepage ins Internet gestellt, wo man auch selbst Anregungen geben könne. "Bislang, und das möchte ich betonen, hat aber noch niemand davon Gebrauch gemacht." Zudem würden die Pressemitteilungen der Planungsgemeinschaft nicht immer aufgegriffen. Dazu Schnieder: "Wenn Sie etwas ins Internet stellen, wäre es auch gut, wenn Sie dass auch kommunizieren würden." Der sichtlich auf Dialog gestimmte Landrat Heinz-Peter Thiel sagte: "Ich bin froh und dankbar, dass wir die Chance haben, bei null anzufangen." Dennoch halte der Kreis an seiner Position fest, die auch Kern einer bereits verabschiedeten Resolution ist: keine neuen Gruben.KommentarMeinung

Höchste Zeit, umzudenken!Wie sieht der erste grobe Kompromissvorschlag zum künftigen Gesteinsabbau in der Vulkaneifel aus, der bis zum Sommer fertig sein soll? Wie viel Abbau wird überhaupt benötigt, wie viel verträgt die Region? Fordern die Abbauunternehmer neue Gruben oder reichen ihnen für die nächsten 20 Jahre die bislang genehmigten Flächen? Wie hoch ist der Nutzen, wie hoch der volkswirtschaftliche Schaden, falls noch mehr Vulkanberge dem Abbau zum Opfer fallen? Und wie sieht es letztlich mit jeder einzelnen Grube konkret aus? Auf all diese Fragen hat die Öffentlichkeit bislang keine Antwort erhalten. Es ist höchste Zeit, dass die Verantwortlichen des "Rohstoffdialogs Vulkaneifel", die in Trier und Mainz sitzen, umdenken und die Bürger regelmäßig, umfassend und verständlich aufklären. Ansonsten ist das Vorhaben schon jetzt zum Scheitern verurteilt! m.huebner@volksfreund.de

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