Es gibt genug Spielräume

AbschiebungZu unserem Bericht "Was bleibt, ist Entsetzen" (TV vom 14. August) über die Abschiebung einer Familie aus dem Kosovo schreibt diese Leserin: Mit Entsetzen , Wut und Scham für mein Land habe ich den Artikel über die Abschiebung der Familie Rrustemi gelesen.Was geht in Menschen vor, die in solch einem Fall die Abschiebung organisieren und durchführen?Da wird eine Familie, die vor wenigen Monaten den Vater verloren hat, noch zusätzlich auseinandergerissen.


Wenn eine Frau ihren Ehemann verliert, die Kinder den Vater verlieren, ist das tragisch genug. Das gibt es auch in Deutschland und jeder weiß, dass die Familie enorm darunter leidet, Zeit braucht und Freunde, um so einen Schicksalsschlag zu verarbeiten. Oft auch psychologische Hilfe. Dies gilt für jede Familie, egal aus welchem Land sie kommt.
Und dann wird einem 16-jährigen Jungen auch noch der Rest der Familie genommen. Ihn darf man nicht abschieben, weil er einen Ausbildungsvertrag hat. Die deutsche Wirtschaft braucht Lehrlinge.
Deshalb diese Regelung. Aber ein 16-Jähriger braucht auch noch seine Mutter, seine Geschwister. Erst mit 18 Jahren gilt man als erwachsen, und dann gibt es noch bis zum 21. Lebensjahr den Status als "junger Erwachsener".
Gerade in diesem sensiblen Alter brauchen junge Menschen Vorbilder und Zuwendung - natürlich besonders von Menschen, denen sie vertrauen. In einer guten Familie sind das die Eltern. Und die Rrustemis sind eine gute Familie, die sich nicht nur gut integriert hat, sondern auch miteinander liebevoll und fürsorglich umgeht.
Ohne jede Not wird einem 16-Jährigen das natürliche Recht verwehrt, von seiner Mutter in der Familie erzogen und ins Leben begleitet zu werden.
Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland steht, dass Ehe und Familie geschützt werden.
Dieses Recht wird für Flüchtlinge deutlich ausgehöhlt. Nicht einmal das Jugendamt als Anwalt der jungen Menschen wird um eine Stellungnahme zu solch einer Abschiebung gefragt. Es wird einfach durch die "Ausländerbehörde" verfügt.
Die Gesetze machen so etwas möglich. Aber muss man es so machen? Ich bin genau wie die Integrationsbeauftragte Monika Fink der Auffassung, dass es Spielräume gibt.
Aber man muss auch genug Rückgrat haben, sie zu nutzen. Den Mitarbeitern der Ausländerbehörde dazu Mut zu machen, nach menschlich tragfähigen Lösungen zu suchen, ist auch Aufgabe des Behördenchefs.
Gunda Gercke-Stolzenbach, Holsthum (ehrenamtliche Integrationsbeauftragte der Verbandsgemeinde Südeifel)

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