Mammutaufgabe Berlinger Bach

Berlingen/Gees/Pelm · Nach dem Hochwasser des vergangenen Jahres soll der Bach renaturiert werden. Gleichzeitig läuft ein Flurbereinigungsverfahren in Pelm und Gees. Zuerst müssen aber die Eigentumsverhältnisse der Grundstücke am Gewässer geklärt sein.

 Nicht überall kann der Bach entschärft werden: An Brigitta Wagners Haus in Berlingen fließt er unmittelbar vorbei. TV-Foto: Vladi Nowakowski

Nicht überall kann der Bach entschärft werden: An Brigitta Wagners Haus in Berlingen fließt er unmittelbar vorbei. TV-Foto: Vladi Nowakowski

Foto: Vladi Nowakowski (now) ("TV-Upload Nowakowski"

Berlingen/Gees/Pelm Als am 7. Juni 2016 um 14 Uhr 40 das Wasser kam und ihr Haus eineinhalb Meter hoch unter Wasser setzte, stand Brigitta Wagner in Berlingen plötzlich vor dem Nichts. "Sämtliche Möbel waren kaputt, die Wände mit Wasser vollgesogen, der Heizungskeller samt Waschmaschine und Öltanks überschwemmt", sagt die Rentnerin. Glück im Unglück: Blitzschnell seien Nachbarn und die örtliche Feuerwehr ihr zu Hilfe geeilt. "Sie konnten einige Einrichtungsgegenstände retten - die Feuerwehr hat sofort begonnen, das Wasser abzupumpen. Ich bin für all die Unterstützung sehr dankbar", sagt Wagner. Heute ist ihr Haus, das unmittelbar am Ufer des Berlinger Bachs steht, wieder bewohnbar. Brigitta Wagner hat für die Instandsetzung einen Kredit von 50 000 Euro aufnehmen müssen, den sie gemeinsam mit ihrem Sohn abbezahlt. Sie weiß: "Sollte sich solch eine Hochwasser-Katastrophe wiederholen, dann ist dies das Ende." Eine sogenannte Elementar-Versicherung, die für Schäden durch Überschwemmungen aufkomme, koste rund 1200 Euro im Jahr. Geld, das sie für die Begleichung des Kredites brauche, erzählt die Rentnerin. "Mir bleibt nur, zu hoffen, dass der Bach in seinem Bett bleibt."
Hochwasserschutz mit Aktion Blau Plus Nach den Starkregenfällen im vergangenen Jahr und den darauf folgenden Überschwemmungen besinnen sich viele Kommunen auf die vom Land geförderte Aktion Blau Plus - auch der Berlinger Bach und alle seine Zuflüsse sollen aus ihren allzu eingeengten Läufen befreit werden, damit das Wasser nicht in einer großen Welle ins Tal schießt und verheerende Schäden anrichtet. "Der Antrag dazu wurde fristgemäß gestellt", sagt Winfried Schegner von der Verbandsgemeinde Gerolstein. Damit die Maßnahme baldmöglichst umgesetzt werden kann, müssten Anwohner und zuständige Dienststellen an einem Strang ziehen - denn zugleich mit der Erstellung des Konzeptes zur Renaturierung des Baches läuft in Pelm und Gees ein Flurbereinigungsverfahren. "Die Eigentümer aller Parzellen am Verlauf des Gewässers wie auch im gesamten Verfahrensgebiet müssen ermittelt werden", erklärt Anne-Ruth Windscheif vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) in Bitburg. Ein runder Tisch, an dem Vertreter der Ortsgemeinden, der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord, des DLR, der VG Gerolstein und der Parzelleneigner sitzen, soll das Verfahren beschleunigen, auch der Gerolsteiner Brunnen ist mit im Boot. "Das ist stellenweise sehr schwierig", sagt Pelms Bürgermeister Leo Meeth. "Insgesamt sprechen wir hier von rund 1300 Eigentümern im gesamte Gebiet, darunter sind viele Erbgemeinschaften." Die Zustimmung zur Flurbereinigung und zu Maßnahmen des Hochwasserschutzes sei durchwegs grpß, sagt Markus Hetzius, Ortsvorsteher von Gees und gleichzeitig Vorsitzender der Teilnehmergesellschaft (TG) in der die Eigentümer der Grundstücke zusammengeschlossen sind. "Wir wollten von Anfang an alle mitnehmen und laufend informieren - und das funktioniert bestens", berichtet Hetzius. Ziel sei, die Bürger zu sensibilisieren, so Anne-Ruth Windscheif: "Denn sie können bereits vor dem Beginn der Aktion Blau Plus mit standortgerechter Nutzung ihrer Grundstücke am Bach zur Renaturierung beitragen." Viele der Wiesen seien übrigens gemäß Landesnaturschutzgesetz besonders geschützt, sagt die Sachgebietsleiterin des DLR. "Ich sehe mit großer Sorge, dass die Bewirtschaftung etlicher dieser Flächen intensiviert wird." In Flora-Fauna-Habitaten sei dies grundsätzlich genehmigungspflichtig - trotzdem schienen sich manche Landwirte darum nicht zu kümmern.
Nicht überall kann der Bach entschärft werden
"Die Arbeiten am Berlinger Bach werden in vielen kleinen Abschnitten und parallel zum Flurbereinigungsverfahren erfolgen", sagt Michael Junk von der Regionalstelle Wasserwirtschaft der SGD Nord. "Es lässt sich mit minimalen Eingriffen bereits viel erreichen - dort wo es möglich ist, soll der Bach mäandern und, wenn er viel Wasser führt, Wiesen überschwemmen können." Aber es gebe auch Abschnitte, an denen Maßnahmen zur Renaturierung durch die allzu nahe Bebauung an den Ufern gar nicht möglich sei. "Wir können ja keine Wohnhäuser abreißen", sagt Junk. Eine Gewährleistung, dass nach der Vollendung der Arbeiten keine Schäden durch Hochwasser mehr vorkommen, sei eine Illusion. "Wir können nur alle gemeinsam darauf hinarbeiten, bestimmte Bereiche zu beeinflussen." Brigitta Wagner wird wohl auch weiterhin nicht ruhig schlafen können.

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