Schüler treffen auf zahme Politiker

Konz · Eine Gruppe Zwölftklässler lädt Kreistagsmitglieder zur Diskussion über Flüchtlinge, Busse und Wohnraum ins Gymnasium Konz. Die aber halten lieber Reden, als sich zu streiten. Nur bei einem Thema entspinnt sich eine Debatte.

 Die Zwölftklässler des Konzer Gymnasiums wollen von den Kommunalpolitikern wissen, was sie über die Integration von Flüchtlingen denken. Die Gäste aber beginnen nur bei einem Thema, ausführlich zu diskutieren. TV-Foto: Benedikt Laubert

Die Zwölftklässler des Konzer Gymnasiums wollen von den Kommunalpolitikern wissen, was sie über die Integration von Flüchtlingen denken. Die Gäste aber beginnen nur bei einem Thema, ausführlich zu diskutieren. TV-Foto: Benedikt Laubert

Foto: (h_ko )

Konz Nach einer Stunde und acht Minuten geschieht das, wozu sich die 110 Schüler und acht Politiker eigentlich in der Bibliothek des Konzer Gymnasiums versammelt hatten. Der Zwölftklässler Johannes Steffen will von den Politikern wissen: "Viele Flüchtlinge im Kreis würden gern arbeiten, dürfen aber nicht. Kann man da nicht etwas tun?" Es ist die erste Publikumsfrage in dieser Veranstaltung, die eigentlich als Diskussionsrunde geplant war. Der Trierweiler Ortsbürgermeister Matthias Daleiden (FWG) antwortet ihm vom Podium aus: "Für die meisten Arbeiten sind gewisse Deutschkenntnisse wichtig, deshalb müssen wir uns erst einmal um Sprachkurse kümmern". Karl-Georg Schroll von den Piraten, Mitglied der Opposition im Kreistag und eigentlich sein politischer Gegner, pflichtet ihm bei und lobt die Flüchtlingsarbeit des CDU-geführten Kreises. Ernsthafte Konflikte gibt es bei kaum einem Thema - weder unter den acht geladenen Politikern, die je eine Partei aus dem Kreistag vertreten, noch zwischen den Zwölftklässlern und Politikern. Egal, ob es um den Konzer Busverkehr geht, um schnelles Internet, um Flüchtlinge oder um bezahlbare Wohnungen: "Das ist ein wichtiges Thema" und "Daran arbeiten wir" sind die wohl häufigsten Aussagen der Politiker an diesem Mittag. Als der erste Beigeordnete und Bundestagskandidat aus Pellingen Andreas Steier (CDU) fast acht Minuten zum Thema Flüchtlingspolitik referiert, beginnen einige Schüler auf den gepolsterten Stühlen hin- und herzurutschen, verstohlen auf ihre Handys zu schauen und zu tuscheln. Beherzt greift die Schülerin Michelle Ruck, die gemeinsam mit ihrem Mitschüler Jona Kirchen moderiert, in die Rede ein: "Bitte fassen Sie sich kurz, damit auch andere zu Wort kommen", mahnt sie. Doch es herrscht nicht durchgehend Einmütigkeit unter den Politikern. Als es um Deutschkurse für Flüchtlinge geht, flammt eine Debatte zwischen dem mit seinen 21 Jahren jüngsten Gast, Julian Theis (Die Linke), und Bernhard Busch (FDP) auf. Theis lobt die Integrationsarbeit der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer, fordert aber: "Ausreichend Deutschkurse muss aber eigentlich der Staat anbieten!" Busch widerspricht ihm. Eine gewisse Mitverantwortung trage zwar der Staat, aber die Integration der Geflüchteten müsse in erster Linie die Gesellschaft leisten - also Ehrenamtliche. Die meisten Handys verschwinden wieder in den Taschen und die Blicke der Schüler richten sich erneut nach vorn. Einige der Schüler haben die Themen in ihrem Leistungskurs Sozialkunde mit ihrer Lehrerin Stefanie Leich bereits vorbereitet. Zum ersten Mal waren es aber jetzt die Schüler, die die Diskussionsrunde vorbereitet haben. Als die Schüler und die Politiker nach knapp zwei Stunden aus dem Saal strömen, bleibt die Moderatorin Michelle Ruck mit einigen Mitschülern zurück und zieht ein Fazit: Zu oft seien die Politiker in ihre Fachsprache verfallen und hätten damit weniger interessierte Schüler abgehängt. "Aber ich bin froh, dass sie sich die Zeit genommen haben - jeder Schüler sollte einmal so einen Einblick in die Politik bekommen", sagt die 17-Jährige. Sie fühle sich durch die Veranstaltung in ihrem Beschluss bestärkt, bei den Kommunal- und Bundestagswahlen im September zu wählen. KommentarMeinung

Hört auf zu kuscheln! Liebe Politiker - toll, dass Sie sich die Zeit nehmen und Schüler für die Demokratie begeistern wollen! Das schaffen Sie aber nicht, wenn Sie nacheinander endlose Listen mit Problemen monoton herunterbeten. Konzentrieren Sie sich lieber auf wenige Punkte, die Ihnen besonders wichtig sind. Und viel wichtiger noch: Greifen Sie ihre politischen Gegner an! Demokratie lebt vom Wettstreit der Argumente. Und das Interesse der Schüler steht und fällt ebenfalls damit. b.laubert@volksfreund.de

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