Alphörner auf dem Vulkan

Daun · Kabarett-Großmeister Gerhard Polt und die Well-Brüder begeistern 550 Besucher in Daun.

 Geben vollen Einsatz und bieten dem Publikum im ausverkauften Forum in Daun einen musikalischen und kabarettistischen Hochgenuss (von rechts): Gerhard Polt und die Well-Brüder Michael, Christoph und Karl. TV-Foto: Helmut Gassen

Geben vollen Einsatz und bieten dem Publikum im ausverkauften Forum in Daun einen musikalischen und kabarettistischen Hochgenuss (von rechts): Gerhard Polt und die Well-Brüder Michael, Christoph und Karl. TV-Foto: Helmut Gassen

Foto: Helmut Gassen (HG), HELMUT_GASSEN ("TV-Upload Gassen"

Daun Er kann schon jetzt, obwohl gerade erst der Startschuss verhallt ist, als einer der Höhepunkte der diesjährigen Eifel-Kulturtage gehandelt werden: der Auftritt von Gerhard Polt mit den musikalisch umtriebigen Well-Brüdern im voll besetzten Forum in Daun. Die rund 550 Besucher applaudierten nach der zweieinhalbstündigen Vorstellung noch lange im Stehen und brachten die Künstler so zu mehreren Zugaben - auch wenn der Bauch schon schmerzte und manchem die Taschentücher ausgingen. Und so sang das Publikum noch mit Polt den Refrain einer afrikanischen Weise, die wie sein arabisches Klagelied schlicht Kauderwelsch war. Aber authentisch und extrem lustig.
Das galt auch für Polts Figur des englisch-bayerisch plappernden Priesters aus Indien, der in der weiß-blauen Provinz für volle Gotteshäuser sorgen soll, aber bei den Kirchenoberen mit seiner Idee nicht ankommt: Espressomaschine für die Frühmesse. Er müsse daher noch mal mit Kardinal Marx sprechen, da der ihn ja auch gerufen habe. Marx? Ist aus seiner Zeit als Trierer Bischof noch gut bekannt in der Region.
Der gleiche Hirte, der dominante katholische Glaube, Priestermangel, leere Kirchen, ein politisch eher konservativer Landstrich und das gleiche Lebenselixier: Bier. Das sind nur einige augenscheinliche Parallelen zwischen Bayern und der Eifel. Weitere: zuvorderst der politische Filz. Polt als Landrat: "Die goldenen Zeiten sind vorbei: Ein Naturschutz- in ein Gewerbegebiet umzuwandeln, das geht schon noch, aber eben nicht mehr so hoppla-hopp - wegen dem grünen Terror und den ganzen Kaulquappen-Nummerierern."
Hier wie da auch, wenngleich sich im Freistaat alles etwas größer darstellt: Vetternwirtschaft, Vereinsmeierei ("Da wir zum Feuerwehrjubiläum auch kulturell etwas bieten wollten, haben wir ein 5000-Mann-Bierzelt aufgestellt"), Skandale (Milliardengrab Hypo Alpe Adria versus Millionengrab Nürburgring) und natürlich Bier (Maß versus Stubbi).
Polts besondere Klasse macht es aus, die politischen, gesellschaftlichen und privaten Irrungen und Wirrungen nicht mit Kopfschütteln oder erhobenem Zeigefinger anzuprangern, sondern Schicht für Schicht in eher beiläufigen Bemerkungen freizulegen. Zum Beispiel, wenn das Mütterchen sagt: "Kommen die Kinder heutzutage alle mit Helm auf die Welt? Und wer ist überhaupt dieser Laktose, gegen den alle intolerant sind?" Oder wenn er als "lupenreiner Demokrat" seinem Enkel Deutschlands Geschichte erklärt: "Wenn wir den Ersten Weltkrieg gewonnen hätten, hätten wir einen Zweiten nicht mehr gebraucht." Da schluckt man als Zuhörer kurz, merkt aber sogleich, welch exzellenter Beobachter, Schauspieler und Komiker Polt ist: "Ich stelle mich doch nicht daher, um irgendeinen Blödsinn zu erzählen."
Exzellente Blödelei mit Tiefgang und hoher musikalischer Fertigkeit verzapfen auch die Well-Brüder (Michael, Christoph, Karl) als kongeniale Bühnenpartner. Das fängt schon beim Auftaktlied über die Vulkaneifel an, als sie die zentralen politischen Probleme treffend ansprechen: Windkraft-Streit, A-1-Lücke, Kommunalreform. Bei seinen Stücken bringt das Trio gut ein Dutzend Instrumente zum Einsatz: von der Blockflöte über die Harfe bis zum Kontrabass. Und Alphörner, die sie drei Gästen in der ersten Reihe auf die Schultern legen und losspielen. Wie der gesamte Abend: ein einprägsames Erlebnis.
Die nächsten Termine der Eifel-Kulturtage 2017 sind: Roland Jankowsky am 29. April in Monschau, Carmela de Feo am 6. Mai in Lutzerath und Ralph Caspers am 13. Mai in Daun. Nähere Infos: <%LINK auto="true" href="http://www.Eifel-Kulturtage.de" text="www.Eifel-Kulturtage.de" class="more"%>

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