Kinokolumne: Wonderwoman - Schlicht und einfach sehenswert

Trier · Endlich ein Film mit der wohl berühmtesten weiblichen Superheldin. Das Warten auf Wonderwoman hat sich definitiv gelohnt. Hier erfahrt ihr, warum. Aber wir verraten nicht zu viel. #nospoiler

Die beiden Freundinnen, mit denen ich "Wonderwoman" anschaue, sind nicht besonders scharf auf den Streifen. Superhelden-Film halt. Viel Action, viele Spezialeffekte. Deshalb hält sich die Aufmerksamkeit zu Beginn des Films auch in Grenzen.
Das ändert sich, als ein Flieger den Schutzwall der Insel Themyscira durchbricht und abstürzt. Amazone Diana (Gal Gadot) rettet den Piloten und verteidigt ihn mit ihrem Volk gegen eindringende Kriegstreiber aus der Menschenwelt.

Szenenwechsel: Unbeeindruckt überrascht Diana den Fremden beim Baden. Dass die schöne Amazone zum ersten Mal in ihrem Leben einen Mann sieht, nimmt sie gelassen. Völlig unaufgeregt fragt sie den nackt vor ihr stehenden Steve Trevor (Chris Pine) nach dessen Uhr. "Das kleine Ding sagt dir, was du zu tun hast?" Ihr Blick geht dabei unter die Gürtellinie. Das Publikum schmunzelt.

Obwohl Diana von der realen Welt außerhalb ihrer Insel nichts wissen kann, hat sie trotzdem klare Ansichten. Etwa darüber, dass Steve Trevor sein Nachtlager kameradschaftlich neben ihr aufschlagen darf, ohne falsche Scham oder Ritterlichkeit vortäuschen zu müssen. Dazu macht sie ihm auch gleich ihre Einstellung zum Sex zwischen Mann und Frau klar, der für die Fortpflanzung unabdingbar, für den Spaß jedoch nicht nötig ist. Wieder hat die unbefangene Amazone die Lacher auf ihrer Seite.

Herrlich auch die Szene, in der Trevor und seine Assistentin Etta (Lucy Davis) die in beinfreie Kriegermontur gekleidete Diana mit dem riesigen Schwert in unauffälligere zeitgemäße Frauenmode kleiden wollen. Klar, dass die praktisch veranlagte Diana sich wundert, wie man darin kämpfen soll. Dass Frauen in dieser Welt eher am Herd stehen, kann die Amazone ja nicht wissen.

Herrlich ungeniert, ehrlich und unglaublich sympathisch ist diese Superheldin, die überzeugend alle in Hollywood vorherrschenden Geschlechterverhältnisse außer Kraft setzt. Eine Prinzessin, die nicht gerettet werden muss. Diese hier hilft sich selbst und anderen. Wonderwoman punktet nicht durch männliche Coolness und Kaltblütigkeit, sondern durch Menschlichkeit und Mitgefühl.

Das heißt nicht, dass Diana wehrlos ist. Ganz im Gegenteil. Wie jeder anständige Superheld hat sie magische Waffen: Ein Schwert, mit dem man Götter töten kann, ein magisches Lasso, das Gefangene zwingt, die Wahrheit zu sagen und metallene Armbänder, die den Angriff des Gegenübers abwehren und zurückwerfen. Dazu ist Diana als Tochter des Gottes Zeus von Natur aus stark - und natürlich schön.

Auffällig: Dieser Streifen punktet durch Handlung und den Facettenreichtum im Charakter der Protagonistin. In diesem Superhelden-Film spielen nicht Action und Spezialeffekte die vordergründige Rolle. Obwohl die Slow-Motion- und Kampf-Szenen durchaus gut gemacht sind.

Ungewöhnlich: Die Szene, in der Diana die vermeintliche Ursache allen Übels und damit des Kriegs, General Ludendorff, im Kampf tötet. Nachdem der Superheld die Wurzel des Übels beseitigt hat, ist die Welt wieder in Ordnung. Nicht hier. Die Kämpfe gehen weiter. Der Fokus liegt plötzlich auf Wonderwoman, die langsam die Einsicht gewinnt, dass sie - trotz ihrer Kräfte - allein nichts verändern kann. Selbstreflexion. Verständnis für die Schwächen der Menschen. Die Suche nach Lösungsansätzen.

Dickes Kompliment an Regisseurin Patty Jankins. Sie schafft es, ihre Superheldin nicht zum augenscheinlichen Sex-Symbol herabzuwürdigen, sondern zu einer selbstbewussten Frau, die für echte Werte einsteht und kämpft. Ganz vorn steht dabei eine Eigenschaft: der Mut. Diana schneit mal eben im britischen Parlament vorbei - Zutritt für Frauen verboten - und wäscht den wenig wagemutigen Abgeordneten gehörig den Kopf. Oder sie rettet an der Front einem ganzen Dorf das Leben, obwohl erfahrene Krieger das für hoffnungslos halten.

Die schöne Amazone vereint Unschuld vom Lande und energische Kriegerin, ohne dabei lächerlich zu wirken. Gal Gadot mimt hier eine Superheldin, der man ihre Rolle abkauft.

Kein 3D-Muss: Wir haben den Film in 3D gesehen, halten das bei diesem Streifen, der mit soliden aber wenig ungewöhnlichen Spezialeffekten arbeitet, jedoch für verzichtbar.

Fazit: Wie auch immer ihr vor dem Film zu Wonderwoman gestanden habt. Mach euch darauf gefasst, dass ihr danach zu ihren Fans gehört. Meine Kinobegleitungen waren nach dem Film plötzlich selbst Wonderwoman. Es gab sogar ein Dankeschön dafür, dass ich sie mit in den Film geschleift habe ;-)

Also, ab ins Kino. Der Streifen läuft im Cinemaxx Trier

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