Schön, aber nicht überragend

Über vier Jahre ist es bereits her, dass die südkoreanische Sängerin Youn Sun Nah ihr letztes, drittes Album "Lento" veröffentlichte. Immer größer wurden die Erwartungen ihrer inzwischen weltweiten Fangemeinde hinsichtlich ihrer neuen Scheibe.

Schön, aber nicht überragend
Foto: (g_kultur

Kann sich die Vokalartistin nach musikalischen Höchstleistungen wie "Breakfast in Baghdad" mit ihrem Kompagnon Ulf Wakenius oder den genialen Coverversionen der Hits von Metallica ("Enter Sandman"), Tom Waits ("Jockey Full Of Bourbon") oder auch Nine Inch Nails ("Hurt") zu neuen stimmlichen Höchstleistungen aufschwingen? Sang sie vor fünf Jahren noch in der Trierer Tuchfabrik, waren wenige Jahre später schon die Luxemburger Philharmonie oder das Musikfestival in Wiltz ihre Auftrittsorte. Sie sang beim G-20-Gipfel 2010 in Seoul vor Barack Obama und Angela Merkel, spielte bei der Schlussfeier der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi und trat jüngst in Havanna als Botschafterin Koreas bei den International Jazz Days auf. Alle musikalischen Welten stehen der in Frankreich lebenden Koreanerin, die sich dort intensiv mit dem Genre des Chansons auseinandersetzte, inzwischen offen. Und jetzt das neue Album "She Moves On" (Foto: Act), nicht in Europa, sondern in den Vereinigten Staaten mit US-Musikern unter Leitung von Produzent, Arrangeur und Tastenvirtuose Jamie Saft aufgenommen - ohne Frage eine wirklich schöne, aber keine herausragende CD, die meines Erachtens hinter die drei Vorgängerwerke zurückfällt. Youn Sun Nah erweist sich weiterhin als treffliche Geschichtenerzählerin, liefert wunderschöne Balladen. Doch nur wenige sprachartistische Einlagen finden sich bei den insgesamt elf Titeln - darunter zwei eigene - mit einer Gesamtspielzeit von über fünfzig Minuten. Eindeutiger Höhepunkt ist der Jimi-Hendrix-Titel "Drifting" (7), bei dem sich Youn Sun Nahs Stimme mit dem Sound von Marc Ribots E-Gitarre ein fantastisches Klangduell liefert. Sehr gelungen sind auch ihre Version von Lou Reeds "Teach The Gifted Children" (2), das Cover von Paul Simons "She Moves On" (4) sowie das Traditional ,,Black Is The Color Of My True Love's Hair" (8). Des Weiteren überzeugt Youn Sun Nah allgemein mit weniger bekannten Songs ehemals berühmter Rock-, Pop- und Folkgrößen.

Jörg Lehn

Youn Sun Nah, She Moves On, ACT Music + Vision, ACT 9037-2 (CD, erhältlich auch als Vinyl), München 2017.

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