Verbeugung vor dem Reformator

Trier · Theater Trier: Ouvertüre über "Ein feste Burg" ist im 2. Sinfoniekonzert zu hören.

 Erholung in der Probenpause. Golo Berg, Dirigent im 2. Trierer Sinfoniekonzert. TV-Foto: Martin Möller

Erholung in der Probenpause. Golo Berg, Dirigent im 2. Trierer Sinfoniekonzert. TV-Foto: Martin Möller

Foto: Martin Möller (mö) ("TV-Upload M?ller"

Trier Spät im Jahr, aber immerhin noch vor dem Reformationstag am 31. Oktober hat das 500-jährige Jubiläum von Martin Luthers Thesenanschlag auch das Trierer Konzertprogramm erreicht. Das 2. Sinfoniekonzert (Donnerstag, 19. Oktober, 20 Uhr, Theater Trier) präsentiert eine Rarität - eine Ouvertüre über den Luther-Choral "Ein feste Burg ist unser Gott", der sich im 19. Jahrhundert zu einem protestantischen Glaubenslied entwickelte. Joachim Raff, langjähriger Assistent von Franz Liszt und zeitweise der meistgespielte Sinfoniker in Deutschland, hat sie 1854 geschrieben, 1865 revidiert und ihr den Titel "Ouvertüre zu einem Drama aus dem Dreißigjährigen Krieg" mitgegeben - um welches Drama es sich handelt, verrät er allerdings nicht.
Keine Frage: Der Luther-Choral steht bei diesem Werk im Mittelpunkt. Gleich in den ersten Takten der langsamen Einleitung wird er von den Bläsern zitiert und im folgenden Allegro-Teil nach allen Regeln der sinfonischen Kompositionskunst verarbeitet. Dass die Ouvertüre mit einem "Allegro trionfale" schließt und nochmals den Choral ins Zentrum rückt, versteht sich angesichts der protestantischen Trutzmentalität damals.
Für Golo Berg ist dieses Werk nicht neu. Der Dirigent, seit Saisonbeginn Generalmusikdirektor im westfälischen Münster, hat es bereits 2007 in Dessau aufgeführt. Als dann Victor Puhl bei seinem langjährigen Bekannten Berg anfragte, ob er ein Programm zum Luther-Jahr vorschlagen könne, avancierte Raffs Ouvertüre rasch zur ersten Wahl.
Überhaupt ist das 2. Trierer Sinfoniekonzert durch und durch deutsch-romantisch geprägt. Wobei sich wieder einmal zeigt, wie breit das Stilspektrum dieser Epoche war. Mendelssohns Violinkonzert und die Vierte von Brahms stehen beide im eher seltenen e-Moll und sind doch stilistisch höchst unterschiedlich - eine klingende Beschwörung der "blauen Blume" bei Mendelssohn, ein Abgesang bei Brahms. "Altersweise" sei diese Sinfonie, sagt Golo Berg, und dabei "unglaublich spannend." So könne man die strenge Konstruktion des Werks deutlich erkennen, und trotzdem: "sie drängt sich nicht auf". Für die Interpreten ist die Vierte eine anspruchsvolle Aufgabe. Klar - solchen Meisterwerken müsse man mit Demut begegnen, sagt Golo Berg. Aber Demut allein genüge nicht. Die Interpretation müsse auch auf Augenhöhe mit dem Werk stehen. Sie kreist bei Brahms immer wieder um eine Frage: Wie frei, wie sinnlich kann diese Komposition klingen? Golo Berg geht mit diesem Problem undogmatisch um. Aber es gibt auch für ihn eine "rote Linie". Allzu subjektive Tempoveränderungen lehnt er kategorisch ab. Und weist darauf hin, dass Brahms selber bereits solche Veränderungen auskomponiert hat.
Solist im Mendelssohn-Violinkonzert ist Martin Funda. Der junge Geiger stammt aus einer Musikerfamilie. Er studierte an der Berliner Universität der Künste bei Nora Chastain. Wichtige Impulse erhielt er von Antje Weithaas, Norbert Brainin, Kolja Blacher, Tabea Zimmermann, Günter Pichler und dem Artemis Quartett. Martin Funda ist nicht nur Solist, sondern auch profilierter Kammermusiker. Er ist Primarius des Armida Quartetts. Mit ihm wurde er im ARD-Wettbewerb 2012 mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Außerdem erhielt das Quartett den Publikumspreis und sechs weitere Sonderpreise.
2. Sinfoniekonzert, Donnerstag, 19. Oktober, 20 Uhr im Trierer Theater. Werke von Raff, Mendelssohn und Brahms. Martin Funda, Violine, Philharmonisches Orchester Trier, Leitung Golo Berg

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort