Pendler und Steuern: Luxemburg überweist Millionen an Belgien für kleinen Grenzverkehr

Trier/Luxemburg · Luxemburg überweist jährlich 30 Millionen Euro an Belgien als Ausgleich für verlorene Steuereinnahmen. Deutschland profitiert nicht vom Geschäft mit den Pendlern. Warum nicht?

Über 180 Milliarden Euro Steuern nimmt Belgien pro Jahr ein. Das ist mehr als zehn Mal so viel wie Luxemburg. Dessen Steuereinnahmen beliefen sich im vergangenen Jahr auf 14,3 Milliarden Euro. Und trotzdem überweist das Großherzogtum dem Nachbarland jährlich 30 Millionen Euro. Damit sollen belgische Kommunen entschädigt werden, in denen verhältnismäßig viele Luxemburg-Pendler wohnen und die in ihrem Heimatland keine Einkommensteuer zahlen. 31.000 Belgier arbeiten in Luxemburg.

Hintergrund dieser Überweisung, die 2015 von 18 auf 30 Millionen Euro erhöht worden ist, ist eine seit 1922 bestehende Wirtschaftsunion zwischen den Ländern. Mit dem Geld, so heißt es aus dem luxemburgischen Finanzministerium, zahlt das Großherzogtum auch dafür, dass Belgien in einigen Ländern mit seinen Botschaften auch das Nachbarland vertritt, sowie dafür, dass die Luxemburger Armee etwa die Transportflugzeuge des belgischen Militärs mitnutzen kann. Allerdings habe es bereits aus Frankreich und aus dem Saarland Anfragen gegeben, ob Luxemburg auch für die dortigen Grenzgänger einen Ausgleich zahle, teilte das Finanzministerium auf Anfrage mit. Mehr zum Thema

Steuerausgleich: Warum Luxemburg nicht allen Nachbarn Millionen überweist
Mühsamer Kampf gegen Steuerkriminalität: Interview mit Werner Langen (CDU) und Sven Giegold (Grüne)

Der Koblenzer CDU-Europaabgeordnete Werner Langen kritisiert die Zahlungen Luxemburgs an Belgien. "Mit Deutschland fehlt eine solche Regelung. Das müssen wir noch aufarbeiten", sagt Langen in einem Interview mit unserer Zeitung. Deutsche Arbeitnehmer etwa führten 15 Prozent über die Umlage am Einkommensteueranteil an die Gemeinden ab. Hier lebende Luxemburger zahlten nichts und "treiben in einigen Orten die Immobilienpreise in den Himmel", kritisiert Langen. "Ich kenne mehrere Orte, in denen der Anteil der Luxemburger Staatsbürger schon über einem Drittel der Einwohner liegt."

Der in Luxemburg tätige Sozialwissenschaftler Christian Wille warnt davor, aus den Zahlungen Luxemburgs an Belgien ein ebensolches Anrecht für Deutschland und Frankreich abzuleiten. "Müsste Rheinland-Pfalz dann nicht auch einen Ausgleich an den Luxemburger Einzelhandel zahlen, da nicht unerheblich viele Personen aus dem Großherzogtum in Trier und Umgebung einkaufen?", fragt Wille provokativ. Seiner Meinung nach sollten für Grenzregionen "eher versöhnliche Positionen gelten".

Allerdings sehen Langen und der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold die Rolle Luxemburgs bei Steuerfragen sehr kritisch. Das Land habe jahrelang die Bemühungen der EU, Steuerschlupflöcher zu schließen, ausgebremst. Die "findige" Finanzwirtschaft in Luxemburg etwa habe mit speziellen Versicherungen und Fonds Steuer-Umgehungsmodelle konstruiert, kritisiert Giegold im TV-Interview. "Für mich stellt sich die Frage, ob nicht die Finanzinstitute, die ihre Kunden systematisch und in großem Umfang in diese Umgehungsmodelle beraten haben, strafrechtlich zu verfolgen sind? Das ist organisierte Anstiftung zur Steuerhinterziehung."Belgische Steuern gehen ans Trierer Finanzamt

581 Millionen Euro hat das Trierer Finanzamt im vergangenen Jahr von belgischen Unternehmen, die in Deutschland Umsätze gemacht haben, bekommen. Das Trierer Finanzamt ist bundesweit zuständig für belgische Unternehmen. Derzeit werden 1936 belgische Unternehmen bei der Behörde geführt.

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