Mitarbeiter gehen, Automaten kommen

Trier · Die Volksbank zieht aus acht Filialen im Landkreis Trier-Saarburg ihr Personal ab. Der Grund: Es kommen kaum noch Kunden. Der Vorstand stellt sich den Fragen des TV.

Trier Ein Mitarbeiter der Volksbank sitzt an einem Schalter in einer Filiale irgendwo im Landkreis, möglicherweise in einer der ländlichen Verbandsgemeinden wie Saarburg oder Hermeskeil. Er wartet auf Kunden, die nur noch selten kommen. So selten, dass sich seine Anwesenheit vor Ort nicht mehr lohnt. So schildert Volksbank-Vorstand Alfons Jochem die Situation. "Wenn nur noch zwei Kunden pro Woche kommen, erlebt der Mitarbeiter einen ständigen Leerlauf", sagt Jochem. "Das macht niemand lange mit, wir verlieren diese Leute."Die Kunden kommen nicht mehr, der Experte vor Ort wird deshalb nicht mehr gebraucht - das ist laut Darstellung des Volksbank-Vorstands die Situation in acht Filialen im Landkreis Trier-Saarburg. Die Konsequenz: Die Volksbank zieht ihre Mitarbeiter aus den Geschäftsstellen in Greimerath, Mandern und Schillingen (Verbandsgemeinde Kell am See), Gusenburg (VG Hermeskeil), Wasserliesch (VG Konz), Newel-Butzweiler und Igel (VG Trier-Land) sowie Freudenburg (VG Saarburg) ab. Den persönlichen Service in der Filiale Fleischstraße in Trier hat die Volksbank Ende April eingestellt.Eine überraschende Wendung. In der Bilanzpressekonferenz im Oktober 2016 hatte der Vorstand zwar eingeräumt, nicht alle Filialen dauerhaft halten zu können, doch von einem derart massiven personellen Rückzug aus dem ländlichen Raum war damals keine Rede (der TV berichtete). Von kompletten Schließungen will der Vorstand auch heute nicht sprechen. "Wir machen hier keinen harten Schnitt, sondern agieren sehr sozialverträglich", betont Norbert Friedrich, der ebenfalls dem Vorstand angehört. Die Volksbank wird in den acht Orten die Präsenz als Filiale zwar aufgeben, aber ein Netz von Geldautomaten soll die Bargeldversorgung vor Ort weiterhin garantieren. Der Vorstand verbirgt nicht, dass die Entwicklung auch für ihn überraschend schnell kam. "Die Kundenzahlen gegen schneller zurück, als wir gedacht haben", sagt Friedrich. "Dennoch gehen jeder Entscheidung über die Zukunft der Kleinstfilialen lange Beobachtungen voraus." Wie oft kommen die Kunden, welche Dienstleistungen erwarten sie vor Ort? "Diese Erwartungen gehen drastisch zurück", betont Jochem. Die immer stärkere Verlagerung der Bankgeschäfte ins Internet spiele hier auch eine entscheidende Rolle. "Es geht definitiv nicht um Rentabilität, sondern um Relevanz", betont Jochem. "Wer nutzt die Filiale? Zwei Beratungen pro Woche sind definitiv zu wenig, es sollten im Schnitt 3,5 pro Tag sein." Alle Personalentscheidungen seien mit den regionalen Beiräten und dem Aufsichtsrat abgestimmt. Arbeitsplätze seien nicht in Gefahr. Die aktuelle Strategie: Große Filialen wie Hermeskeil und Kell am See sollen zur zentralen Anlaufstelle für mehrere umliegende Dörfer werden. "Diese Filialen sollten dann optimalerweise am Arbeitsweg liegen, so dass der Kunde morgens und abends daran vorbeikommt", sagt Jochem.In Greimerath ist die Filiale bereits nicht mehr besetzt. Noch laufen die Verhandlungen über den Standort des Geldautomaten. Ortsbürgermeister Edmund Schmitt betont: "Wir sind in Gesprächen. Die Geldversorgung ist wichtig." Im Ort habe man die Nachricht mit Fassung aufgenommen. "Wenn die Volksbank uns sagt, dass die Kundenfrequenz zu gering ist, dann glauben wir das natürlich."Auch aus Gusenburg hat die Volksbank ihren Mitarbeiter abgezogen, ein Geldautomat bleibt vor Ort. Ortsbürgermeister Josef Barthen reagiert: "Natürlich wäre es uns lieber, wenn die Filiale bliebe, denn sie ist auch ein Kommunikationszentrum. Aber die Volksbank hat uns nachvollziehbar erklärt, warum das nicht möglich ist." In Schillingen läuft der Geschäftsbetrieb noch bis Ende August. Ortsbürgermeister Markus Franzen, selbst Mitarbeiter der Volksbank, erklärt: "Viele Menschen im Ort haben diesen Schritt erwartet. Auch der Einzelhandel hat sich aus dem ländlichen Raum zurückgezogen." Laut Franzen laufen Verhandlungen, den Geldautomaten im örtlichen Lebensmittelladen unterzubringen.Das ist auch der Plan in Mandern. Dort soll der Automat in den Dorfladen integriert werden. Das Manderner Bürgerprojekt startete vor einem Jahr und ist ein großer Erfolg. "Dieser Gedanke liegt nahe", sagt Ortsbürgermeister Tim Kohley. "Wir waren uns schnell einig mit der Volksbank. Große Proteste im Ort gab es nicht."Auch Igel und Wasserliesch werden nicht mehr personell besetzt und mit einem Automaten ausgestattet. Franz-Josef Scharfbillig, Ortsbürgermeister von Igel, ist nicht erfreut. "Damit geht ein Stück Infrastruktur verloren", sagt Scharfbillig, der vom TV von den Plänen der Volksbank erfährt. "Ein Geldautomat ist die Minimallösung."Die Filiale in Butzweiler gehört der Volksbank, das Gebäude soll verkauft werden. Auch in Freudenburg gilt der Rückzug als sicher. "Hier haben wir noch nicht endgültig entschieden", sagt Alfons Jochem. "Aber die Kundenfrequenz ist so gering, dass der Abzug des Mitarbeiters naheliegt."Damit hat die Volksbank in Trier und Trier-Saarburg noch 30 personell besetzte Filialen. Garantien gibt es nicht. "Wir werden auch in den nächsten Jahren genau prüfen, wo sich personeller Service lohnt", sagt Friedrich. Die Sparkasse Trier hatte bereits 2016 ein Drittel ihrer 67 Filialen in Stadt und Kreis geschlossen.KommentarMeinung

Notwendige NeuorientierungDie Vorgehensweise der Volksbank Trier ist absolut verständlich. Es hat keinen Sinn, an Filialen festzuhalten, in denen einsame Mitarbeiter gelangweilt und frustriert auf Kunden warten, die nicht kommen. Das Geldinstitut ist verpflichtet, auf solche Situationen konsequent zu reagieren, denn natürlich sind personell besetzte Filialen auch Wirtschaftsfaktoren. Es ist für ältere Menschen immer wieder eine schmerzhafte Erfahrung, dass die alten Zeiten mit einem Postamt und einer Bank in jedem noch so kleinen Ort, deren Mitarbeiter oft langjährige Vertraute waren, schon lange vorbei sind. Hier geht die Volksbank den richtigen Weg und verbindet ihr Geldautomatennetz mit Zentren wie dem Manderner Dorfladen. So wird die notwendige Neuorientierung funktionieren. j.pistorius@volksfreund.de

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