Mysteriöser Militäreinsatz aufgeklärt: Lebacher Fallschirmjäger trainieren Häuserkampf

Trier · Eine Augenzeugin hat im Februar eine mysteriöse Militärübung mit Hunden im Trierer Burgunderviertel beobachtet - in der Nähe zweier Kitas. Polizei und Stadtverwaltung wussten von nichts. Jetzt bestätigt das Bundesfinanzministerium: Es war eine Übung des Fallschirmjägerbataillons 261 aus dem saarländischen Lebach.

Trier. "Achtung freilaufende Diensthunde" - Schilder mit dieser Aufschrift waren am 10. und 11. Februar der einzige Hinweis auf ungewöhnliche Aktivitäten im Burgunderviertel in Kürenz. Jennifer Brinkmann, eine Lokalpolitikerin der Linken in Trier, hat die Aktion laut eigener Aussage beobachtet und berichtet, dass scharfe Hunde abgerichtet worden seien (der TV berichtete).

Doch keine örtliche Behörde wusste etwas von einer Militärübung. "Wir haben alle möglichen Stellen gefragt, aber keine Bestätigung erhalten", sagte Hans-Günther Lanfer vom Presseamt Trier auf Anfrage des TV. Auch das Polizeipräsidium Trier erklärte, mit einer solchen Übung nichts zu tun zu haben.Viele Häuser stehen leer


So blieb vorerst offen, was genau an den beiden Tagen im Februar im Burgunderviertel los war. Das Areal war früher ein Wohnviertel für Angehörige der auf dem Petrisberg stationierten französischen Streitkräfte. Heute stehen viele der 180 Wohnungen und Häuser leer - auf den ersten Blick eine ideale Trainingsstätte für eine Militäreinheit, die das Eindringen in Häuser übt.

Doch dieser Eindruck ändert sich gewaltig, wenn man sich die Lage näher ansieht, denn das Viertel ist nicht völlig leer. In der Burgunderstraße steht der Deutsch-Französische Kindergarten, in der Louis-Pasteur-Straße die Kita Petrisberg. Genau dazwischen liegt der Bereich, in dem die Diensthundeschilder standen.

Die Kitas blieben offenbar unbehelligt, ihre Mitarbeiter haben von der Übung nichts bemerkt. Dennoch war der mysteriöse Einsatz ein Rätsel, das gelöst werden musste. Warum trainiert eine Militäreinheit in einem zivilen Wohnviertel?

Die Lösung lieferte schließlich der grüne Bundestagsabgeordnete Tobias Lindner. Er fragte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), der das Burgunderviertel gehört. Die Antwort kam von Steffen Kampeter, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, und liegt dem TV vor: Es war tatsächlich die Bundeswehr - der Spezialdiensthundezug des Fallschirmjägerbataillons 261 aus Lebach im Saarland.

Laut Kampeter hat die Bima mit der Bundeswehr einen Überlassungsvertrag zur Nutzung des Burgunderviertels für eine Übung geschlossen. Die Absicherung sei "ausreichend" gewesen, zitiert Kampeter die Bima. Der "überwiegende Teil der Übung" habe sich in den beiden Gebäuden in der Louis-Pasteur-Straße 22/24 und 26/28 abgespielt.
Die Übung sei tatsächlich nicht bei der Stadt angemeldet gewesen, bestätigt Markus Grübel, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung. "Das hat das Ministerium als Missstand erkannt und die Truppe entsprechend belehrt", teilt Grübels Büro mit. Ob weitere Übungen geplant sind, ist noch offen. Falls ja, sollen sie angemeldet werden.

"Es ist positiv, dass das Ministerium diesen Missstand erkannt und abgestellt hat", sagt Ralf Frühauf im Namen der Trierer Stadtverwaltung in einer ersten Reaktion. "Wir waren nicht erfreut über diese unangemeldete Übung."Meinung

Unfassbares Risiko
Eine Fallschirmjägereinheit trainiert für Situationen, in denen eine minimale Fehleinschätzung oder ein Sekundenbruchteil der Konzentrationslosigkeit den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten können. Entsprechend konsequent und intensiv üben sie diese Szenarien. Für solche Übungen hat die Bundeswehr Truppenübungsplätze und andere Einrichtungen - Areale, die mit Zäunen oder Mauern abgesichert sind, so dass kein Zivilist auch nur in die Nähe der Übung kommt. Es ist ein völliges Rätsel, welcher Verantwortungsträger auf die Idee gekommen ist, eine solche Übung mitten in einem Wohnviertel in der Nähe zweier Kitas zu starten - mit Schildern als einziger Sicherung. Ein unfassbares und absolut inakzeptables Risiko, das sich niemals wiederholen darf. Das Burgunderviertel ist definitiv kein Übungsplatz für den Häuserkampf, vor allem nicht mit einer derart dilettantischen Sicherung. j.pistorius@volksfreund.deExtra

Das Fallschirmjägerbataillon 261 existiert seit dem 31. März nicht mehr. Es wurde im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr aufgelöst und teilweise in das neue Fallschirmjägerregiment 26 mit Hauptsitz in Zweibrücken übernommen. Der Standort in Lebach besteht weiterhin. Das Bataillon war eine Kampfeinheit mit einer langen Einsatzliste in den Krisengebieten der Welt von Somalia bis Afghanistan. Kampf und Aufklärung gehörten ebenso zu seinem Auftrag wie die Sicherung von Evakuierungsoperationen. Der sogenannte Häuserkampf ist in diesem Kontext ein typisches Trainingsszenario, mit der ein Kampfverband das Eindringen in Gebäude, die Festsetzung von Terroristen oder feindlichen Kräften und die Befreiung von Geiseln übt. Dabei werden auch Hunde eingesetzt und darauf trainiert, Menschen aufzuspüren und festzuhalten. jp

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort