Notaufnahme in Not: Ein Arzt des Brüderkrankenhauses Trier spricht Klartext

Trier · Die Bedeutung der Notfallmedizin steigt immer weiter, aber trotzdem hat sie keine Priorität im Gesundheitssektor - so sieht es der Leiter der Notaufnahme im Brüderkrankenhaus Trier, Dr. Eckart Wetzel. Er fordert: Die Notaufnahme muss die gleiche Stellung und Unterstützung erhalten wie Feuerwehr und Polizei.

Trier. 32 000 Patienten hat das Zentrum für Notaufnahme des Brüderkrankenhauses Trier 2014 behandelt. "In diesem Jahr werden wir den Wert noch übertreffen", sagt Eckart Wetzel. Der Internist leitet das Zentrum, das seit zehn Jahren besteht und Patienten von der Vulkaneifel über die Stadt Trier bis zum Raum Saarburg aufnimmt.

Die Hälfte dieser Patienten muss nicht stationär im Krankenhaus aufgenommen werden, sondern kann nach einer ambulanten Behandlung wieder nach Hause fahren. Wetzel erklärt das Problem: "Ein Notfallpatient, der nicht stationär versorgt werden muss, bringt dem Krankenhaus 32 Euro, kostet aber mehr als 130." Ein enormes Ungleichgewicht, das die Notfallmedizin immer mehr in Bedrängnis bringe. "Vor allem, da es keine Lobby gibt, die tatsächlich etwas dagegen unternimmt", betont der Mediziner aus Trier.

Mehr als 31 Prozent der Notfallpatienten in Trier sind älter als 75 Jahre, 22 Prozent sind älter als 80. "Wir müssen uns natürlich jeden Patienten ansehen, der zu uns kommt", erklärt Wetzel. "Manche klagen über unklare Symptome wie Brustschmerzen, die eine Lungenentzündung oder auch einen Herzinfarkt bedeuten könnten. Das müssen wir klären."

Andere leiden unter mehreren Erkrankungen, die analysiert werden müssen. "Wir müssen deshalb aufwendige Untersuchungen machen, bis überhaupt feststeht, ob der Patient tatsächlich ein Notfall ist oder auch von seinem Hausarzt hätte behandelt werden können." Wenn es denn überhaupt einen gibt. "Die Ausdünnung der Versorgung im ländlichen Raum führt natürlich zu einem stärkeren Zulauf in der Notaufnahme", sagt Wetzel. "Das gilt auch für jüngere Patienten, die spätabends, an Wochenenden oder in Urlaubszeiten keinen niedergelassenen Arzt aufsuchen können und deshalb zur Notaufnahme kommen."

Fazit: Die Notaufnahme muss viele Patienten versorgen, die theoretisch gar keine Notfallpatienten sind. "Ich möchte nicht missverstanden werden", betont Eckart Wetzel. Es sei völlig in Ordnung, dass Patienten von der Notaufnahme Hilfe erwarten. "Meine Kritik gilt nicht den Patienten, sondern dem System."
Gerade bei Herzinfarkten und Schlaganfällen seien die Anfangssymptome oft unklar. Übelkeit, Schwindel, Brustschmerzen, Atemnot. Der Arzt appelliert: "In solchen Fällen darf man auf keinen Fall warten, bis der Hausarzt wieder Sprechstunde hat, sondern muss sofort Hilfe suchen. Es geht um jede Minute."
Eckart Wetzel fordert ein radikales Umdenken: "Die Notfallmedizin muss dieselbe Stellung und Bedeutung erhalten wie die Feuerwehr und die Polizei. Das heißt, der Staat muss für die Vorhaltung der Gesundheitsvorsorge Mittel zur Verfügung stellen."

Eine funktionierende Notaufnahme sei eben auch ein Kostenfaktor. "Viele Krankenhäuser ziehen sich immer mehr aus der Notfallmedizin zurück." Im Gegensatz dazu ist das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier eines von insgesamt fünf notfallmedizinischen Zentren in Rheinland-Pfalz (siehe Extra).

Nach Eckart Wetzels Ansicht kann es so nicht mehr lange weitergehen. "Es muss sich politisch mehr tun", fordert er. "Man muss sich zusammensetzen und klar sagen, wie die Notfallmedizin ihrer großen Bedeutung entsprechend aufgestellt werden soll."
Extra

Das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier ist ein akademisches Lehrkrankenhaus mit 632 Planbetten, 15 medizinischen Fachabteilungen, 27 800 stationären und 50 000 ambulanten Patienten pro Jahr. Träger des Hauses ist der Verein Barmherzige Brüder Trier, eine Gruppe mit 30 Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens deutschlandweit. Das Zentrum für Notaufnahme behandelt zwischen 80 und 120 Patienten pro Tag. Zehn Ärzte kümmern sich im Schichtbetrieb zusammen mit 30 Schwestern und Pflegern rund um die Uhr um den Strom von Notfallpatienten. Das Team versorgt im Schnitt 400 Schwerverletzte pro Jahr. jp

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort