Das Phantom: Wo bleibt das versprochene Jugendzentrum?

Schweich · Schweicher Jugendliche fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Nun planen sie Aktionen.

 Mit der grünen Karte zeigen diese Personen, dass sie den Bau eines Jugendzentrums in Schweich unterstützen. Fotocollage: Verein Jugendarbeit in Schweich

Mit der grünen Karte zeigen diese Personen, dass sie den Bau eines Jugendzentrums in Schweich unterstützen. Fotocollage: Verein Jugendarbeit in Schweich

Foto: (h_tl )

Schweich Konz hat das Haus der Jugend, Saarburg das Jugendzentrum am Bahnhof, Hermeskeil das Jugendzentrum "H-Town", und Schweich? Fehlanzeige! Es gibt zwar einen Jugendraum in der alten Schule, aber von räumlichen Voraussetzungen und inhaltlichen Angeboten, die in vergleichbaren Orten gang und gäbe sind, können die Schweicher Jugendlichen nur träumen.Der Verein Jugendarbeit in Schweich bemängelt diesen Zustand schon seit Jahren. Vorsitzender Stefan Henn hält das für "nicht akzeptabel". Bei den politisch Verantwortlichen in Schweich, gleich welcher Couleur, habe die Jugendpolitik keinen guten Stand, meint Henn. An der Jugend liege das nicht. Diese zeigt Eigeninitiative, hat in Workshops Ideen für ein Jugend- und Kulturzentrum (JuKiz) entwickelt und mit der grünen JuKiz-Karte bei Politikern und in der Bevölkerung für ihre Sache geworben. "Wir werden weiter für unser Jugendzentrum kämpfen", sagt Henn, "ob mit oder ohne Unterstützung des Bürgermeisters oder der Stadtpolitik."Dass eine Schulstadt wie Schweich mit demnächst 2700 Schülern ein Jugendzentrum in der Nähe des Schulzentrums gut gebrauchen kann, das wird auch im Stadtrat nicht geleugnet. Doch offenbar scheut man sich, das Projekt aus Kostengründen anzugehen. Lars Rieger, seit Mitte 2015 Stadtoberhaupt von Schweich, möchte am liebsten die Schulträger, den Kreis und die Verbandsgemeinde Schweich, beim Jugendzentrum mit ins Boot nehmen. 30 000 Euro Planungskosten für ein Jugendzentrum stehen seit zwei Jahren abrufbereit im Schweicher Haushalt. Den Auftrag an einen Planer gibt es bis heute nicht. Eine Million Euro Baukosten sind im Finanzplan bis 2019 eingestellt. Wann die Mittel tatsächlich abgerufen werden - vermutlich als Kredit - steht in den Sternen. Es ist offensichtlich, dass Stadtbürgermeister Lars Rieger es vermeidet, das Wort Jugendzentrum in den Mund zu nehmen. In seiner kürzlich gehaltenen Haushaltsrede tauchte das Wort nicht auf. Umso mehr die "kräftigen Investitionen" in Kitas, in die Erneuerung des Kunstrasenplatzes am Winzerkeller ("…der von Hunderten Kindern und Jugendlichen genutzt wird.."). Das "breite Angebot" von Vereinen für Kinder und Jugendliche findet lobende Erwähnung, auch, dass die Stadt die Jugendpflegerin mit einer halben Stelle finanziert und der Jugendraum in der alten Schule vom Verein "Nachbar in Not" eine neue Küchenzeile bekommen hat. "Wir müssen uns also in keinster Weise mit unseren Leistungen verstecken", resümierte Rieger im Rat.Die Haushaltsrede des Bürgermeisters sei ein "Schlag ins Gesicht", sagt Stefan Henn. Er stellt klar: "Wir setzen uns für eine moderne Jugendarbeit ein und arbeiten mit Vereinen und Gruppen zusammen. Wir lassen uns aber nicht gegeneinander ausspielen." Auch die Sprecher von CDU und FWG lassen das Jugendzentrum in ihrer Etatrede unerwähnt, lediglich SPD-Fraktionschef Achim Schmitt spricht von einem "sinnvollen Projekt" und davon, dass der Haushalt dafür den nötigen Spielraum gewährt.Vladislaw Elschiner gehört zu einer Handvoll Jugendlichen, die kürzlich bei Landrat Günther Schartz vorgesprochen haben. Es ging um die vom Kreis geplante Umzäunung des Stefan-Andres-Schulzentrums in Schweich (der TV berichtete) und die Situation der Jugendlichen in der Moselstadt. Wenn der Zaun um den Schulhof gebaut werde, gebe es noch weniger Aufenthalts- und Rückzugsräume für Jugendliche, sagt Elschiner. Der 21-Jährige ist frustriert: "Wir wissen nicht mehr weiter, wir werden beim Jugendzentrum vertröstet." Die zwei kleinen Jugendräume in der alten Schule seien für die beiden Jugendgruppen, die sie nutzen, platztechnisch eine Katastrophe und kein Ersatz für ein Jugendzentrum. "Die 14- bis 18-Jährigen sitzen manchmal mit 20 Leuten auf engstem Raum in der Küche." Der Landrat habe ihm zugesichert, dass er mit Stadtbürgermeister Rieger sprechen werde, sagt Elschiner. Lars Rieger verweist auf ein Gespräch mit dem Jugendverein im April. "Dort werde ich vorschlagen, wie wir die Situation kurzfristig verbessern können und was wir mittelfristig machen. Der Verein Jugendarbeit hat unterdessen Aktionen in der Stadt angekündigt, um für sein Anliegen zu werben.KommentarMeinung

Fatale Signale an die JugendlichenDass die Jugendlichen Frust schieben, ist nicht verwunderlich. Der Stadtbürgermeister schweigt das versprochene Jugendzentrum tot, verkauft einen Sportplatzbelag und die Jugendarbeit in Vereinen als erfolgreiche Jugendpolitik. Diese Signale sind fatal. Sie untergraben das Vertrauen des Nachwuchses in Politik und Gesellschaft. Beides ist wichtig: die offene Jugendarbeit und die Angebote der Vereine. Zwei Jahre haben die Jugendlichen bereits Ideen für i h r Domizil entwickelt. Doch statt diesen Drive zu nutzen, hält die Stadt Schweich die Jugendlichen hin. Offenbar spielt der Bürgermeister auf Zeit. Er will den Landkreis und die Verbandsgemeinde an den Kosten des Jugendzentrums beteiligen. Eine Kooperation, auch finanzieller Art, wäre in der Tat wünschenswert, denn auch viele auswärtige Schüler würden von den Angeboten profitieren. Schweich muss zweifellos viel investieren, um der stark wachsenden Bevölkerung eine adäquate Infrastruktur bieten zu können. Doch Wohnraum, Gewerbeansiedlungen und gute Straßen sind nicht alles. Die Politik trägt auch eine soziale Verantwortung, auch und gerade gegenüber der nachfolgenden Generation. a.follmann@volksfreund.de WAS JUGENDLICHE SICH WüNSCHEN

Extra

Das Phantom: Wo bleibt das versprochene Jugendzentrum?
Foto: Vladi (h_tl )

Wie eine Umfrage des Kinder- und Jugendbüros der VG Schweich bei Jugendlichen von elf bis 17 Jahren in Schweich und Umgebung zeigte, wünschen sich zwei Drittel ein Jugendzentrum. 355 Jugendliche äußerten sich konkret zu Ausstattungswünschen. 70 Prozent sind an Filmvorführungen interessiert, gut 50 Prozent würden ein Café als Treffpunkt befürworten. Ebenso häufig werden Kurse und Workshops gewünscht (Graffiti-, Skateboard-, Tanz- und Bastelangebote). Disco und Partys stehen bei knapp 50 Prozent der Jugendlichen hoch im Kurs, auch Outdoor-Aktivitäten wie Klettern oder Geocaching sowie Jugendreisen, Ausflüge und Konzerte erreichen diesen Wert. Etwa ein Drittel der Befragten wünschen sich "Beratungsangebote bei Problemen". Genannt wurden unter anderem die Themenfelder Sucht, Ausbildung und Familie.

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