Die Welt kauft "Made in Germany"

Wiesbaden · Brexit, protektionistische Töne aus den USA und nun auch noch ein stärkerer Euro - die Zeiten für Deutschlands Exportunternehmen könnten einfacher sein. Dennoch wächst die weltweite Nachfrage. Hält der Trend auch in den kommenden Monaten?

Wiesbaden (dpa) Waren "Made in Germany" sind im Ausland gefragt. Deutschlands Maschinenbauer, Autohersteller und andere Industriezweige profitieren von der Erholung der Weltkonjunktur und dem robusten Wirtschaftswachstum in Europa.
Die Nachfrage steigt weiter. Trotz einer Delle im Juni legten die Ausfuhren im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum deutlich um 6,1 Prozent auf 638,4 Milliarden Euro zu. Ein Jahr zuvor hatte es nur ein Plus von 1,4 Prozent gegeben.
Die Risiken sind allerdings gestiegen - und das liegt nicht nur am stärkeren Euro.
Beunruhigt sind deutsche Unternehmen vor allem über die wachsende Zahl von Handelsbarrieren im internationalen Geschäft.
Nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) ist nahezu jedes vierte der im Ausland tätigen Unternehmen (23 Prozent) besorgt über Abschottung und eine Bevorzugung einheimischer Unternehmen. "Die Zunahme von Handelshemmnissen und protektionistische Tendenzen wie die ,America First'-Strategie der US-Regierung sorgen für mehr Unsicherheit", heißt es in der Umfrage.
Auch die jüngsten Sanktionen der USA gegen Russland und Iran beunruhigen die Wirtschaft. Washingtons Strafmaßnahmen gegen die beiden Länder könnten sich auf deutsche und europäische Unternehmen negativ auswirken, fürchtet der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). "Dieses Vorgehen bedroht die partnerschaftliche Zusammenarbeit im transatlantischen Verhältnis", warnt BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang.
Aus den USA kommt seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump immer wieder Gegenwind für den Freihandel, etwa die Drohung, hohe Zölle auf Importwaren zu erheben. Zugleich sorgt Deutschlands Exportstärke in Washington für besonders scharfe Kritik.
Europas größte Volkswirtschaft führt seit längerem mehr aus als sie einführt. Mögliche Handelshemmnisse in den Vereinigten Staaten könnten deutsche Exporteure empfindlich treffen. 2016 waren die Vereinigten Staaten erneut der wichtigste Einzelmarkt für Produkte "Made in Germany".
Wichtigster Handelsraum für Deutschland ist allerdings weiterhin Europa. Mehr als die Hälfte der Exporte geht in die Europäische Union (EU).
Die Voraussetzungen für anhaltende Nachfrage nach Maschinen, Autos und anderen Waren aus Deutschland sind gut: Die Wirtschaft in der EU und im Euro-Raum wächst robust, die Arbeitslosigkeit sinkt.
Nach Einschätzung von ING-Diba-Chefvolkswirt Carsten Brzeski gibt es trotz enttäuschender Juni-Zahlen - gegenüber dem starken Mai sanken die Exporte saisonbereinigt um 2,8 Prozent - keine Hinweise auf eine Abkühlung der deutschen Wirtschaft.
"Die Spannungen mit der neuen US-Regierung, die Unsicherheiten wegen des Brexits und die Aufwertung des Euros vor allem gegenüber dem US-Dollar und dem britischen Pfund haben den deutschen Export nahezu unbeeinträchtigt gelassen."
Steigt der Kurs des Euros gegenüber Dollar und anderen weltweit relevanten Währungen, verteuern sich Produkte aus Deutschland tendenziell auf dem Weltmarkt. Das kann die Nachfrage dämpfen. In der Vergangenheit habe sich der deutsche Export allerdings ziemlich robust gegenüber Währungsschwankungen erwiesen, argumentiert der Wirtschaftsexperte Carsten Brzeski.
Die Unternehmen lassen sich die Laune von dem stärkeren Euro bisher jedenfalls nicht verderben - im Gegenteil.
Nach Angaben des Ifo-Instituts sind Deutschlands Exporteure in Hochstimmung. Nahezu alle wichtigen Branchen in der Industrie gingen im Juli demnach von besseren Geschäften im Ausland aus. Besonders kräftig wuchs der Optimismus zuletzt in der Chemieindustrie, aber auch Autohersteller und Elektroindustrie rechnen mit steigenden Ausfuhren.
Deutschlands Exportunternehmen hatten 2016 trotz der damaligen Schwäche des Welthandels das dritte Rekordjahr in Folge hingelegt. Sie verkauften Waren für 1,2 Billionen Euro ins Ausland - ein Plus von 1,2 Prozent. In diesem Jahr traute der Außenhandelsverband BGA dem Export zuletzt einen Anstieg von bis zu 2,5 Prozent auf einen Rekord von 1,24 Billionen Euro zu.

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