Ein Versuch, die Finanzwelt zu bändigen

Frankfurt · Üppige Zahlungen für Banker sorgen immer wieder für Diskussion. Nun wurden die Vorschriften verschärft.

 Wird in den Bürotürmen in Frankfurt bald weniger verdient? Foto: dpa

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Foto: Arne Dedert (dpa)

Frankfurt (dpa) Topbankern soll es bei Verfehlungen künftig an den Geldbeutel gehen: Haben sie sich Gravierendes zuschulden kommen lassen oder massive Verluste verursacht, sollen sie bereits erhaltene Boni zurückzahlen müssen. Das sieht die neugefasste Institutsvergütungsverordnung vor, die zum 1. März in Kraft tritt. Was ist der Grund für die Regelung? Boni gelten als Mitauslöser der schweren Finanzkrise der Jahre 2008/2009, weil sie Banker zu hohen Risiken verleiteten. Daher gibt es inzwischen strengere Regeln. "Gerade im Bankenbereich ist diese massive Verschärfung der Boni-Vorschriften folgerichtig", argumentiert Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. "Denn bei der Aufarbeitung der Finanzkrise hat sich gezeigt, dass die Feststellung eines möglichen Fehlverhaltens mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann", schrieb der CDU-Politiker jüngst in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt.Welche Institute und welche Mitarbeiter sind betroffen? Die Rückforderung von Boni - "Clawback" genannt - gilt für Kreditinstitute mit einer Bilanzsumme von mehr als 15 Milliarden Euro, derzeit sind 50 Geldhäuser in Deutschland betroffen. Sie müssen sogenannte Risikoträger identifizieren. Das sind Vorstandsmitglieder, die Führungsebene darunter, aber auch ausgewählte Mitarbeiter, die etwa hohe Kredite vergeben, wie Martin Emmerich erklärt, Leiter für Finanzdienstleistungsunternehmen beim Beratungsunternehmen Willis Towers Watson: "Die Banken müssen regelmäßig überprüfen, wer Risikoträger ist und wer nicht, die Finanzaufsicht Bafin kontrolliert das."Was droht diesen Bankmanagern? Wenn ein Topbanker "maßgeblich" am Entstehen von erheblichen Verlusten oder Strafen für das Institut beteiligt beziehungsweise dafür verantwortlich war, soll der bereits gezahlte Bonus bis zu sieben Jahre zurückgefordert werden können. Das gilt auch für den Fall, dass der Manager relevante externe oder interne Verhaltensregeln "in schwerwiegendem" Maß verletzt hat.Ist das in der Praxis so einfach feststellbar? In der Praxis dürfte das nach Einschätzung von Petra Knab-Hägele, Leiterin des Bankenbereichs bei der Unternehmensberatung hkp-Group, allerdings nicht immer ganz einfach zu klären sein: "Was ist ein erheblicher Verlust, was ist maßgeblich." Greift ein Banker in die Kasse oder beteiligt sich an Manipulationen beispielsweise von Zinssätzen wie im Libor-Skandal, dürfte der Bonus futsch sein. "Es muss sich um gravierende Taten handeln, daher werden wir wohl nicht allzu häufig erleben, dass Kreditinstitute, die Bonuszahlung zurückfordern", sagt die Expertin. Ähnlich sieht das auch Emmerich: "Es ist keine Praxis, die an der Tagesordnung ist. Die Regelung gibt es in den USA und Großbritannien schon länger, und sie wurde nur in großen Einzelfällen angewandt." Ob und wie die Vorschriften in Deutschland greifen, "werden wahrscheinlich Arbeitsgerichte entscheiden", sagt der Experte voraus.Was gibt es noch für Beschränkungen? Bereits seit 2014 dürfen Banker in der EU nicht mehr Bonus erhalten als Festgehalt. Nur wenn die Aktionäre zustimmen, darf der Bonus maximal das Doppelte des Grundgehalts betragen. Zudem dürfen die Sonderzahlungen in der Finanzbranche zum Großteil nicht mehr sofort ausgezahlt werden, sondern müssen über mehrere Jahre gestreckt werden. "Das Maßnahmenpaket, das seit der Finanzkrise geschnürt wurde, wird sicher seine Wirkung zeigen", sagt Aktionärsvertreterin Christiane Hölz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). "Betrugsdelikte wird man allerdings nicht verhindern können."Werden Bonusexzesse durch die neue Bestimmung verhindert? Beobachter sind skeptisch. "Ich glaube nicht, dass der Clawback der Hebel ist. Wichtiger war die Begrenzung der Boni im Verhältnis zum Festgehalt", sagt Berater Knab-Hägele. Emmerich sieht in der Rückforderung bestenfalls ein Zusatzinstrument, um Exzesse zu begrenzen. Gibt es weitere Vorhaben? Im Wahljahr ist die Diskussion um eine generelle Begrenzung von Managergehältern wieder aufgeflammt. Die SPD will die steuerliche Absetzbarkeit bei variablen Gehaltsbestandteilen auf jeweils 500 000 Euro begrenzen. Gehälter sind als Betriebsausgaben beim Fiskus steuerlich absetzbar. Die Union zeigte sich zuletzt offen, eine Gesetzesverschärfung mitzutragen. Das Thema bleibt aber strittig. Zudem will die SPD ein Maximalverhältnis der Vergütung von Managern zum Durchschnittseinkommen der Arbeitnehmer festlegen.

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