Eine sehr große Milchfamilie

Viby/Pronsfeld · Mit mehr als 12 000 Anteilseignern ist Arla weltweit die siebtgrößte Molkerei. Bis 2018 sollen alle unter ein Dach.

 Arla-Landwirt Heribert Breuer. TV-Foto: Heribert Waschbüsch

Arla-Landwirt Heribert Breuer. TV-Foto: Heribert Waschbüsch

Foto: (g_geld )

Viby/Pronsfeld Die Familie Breuer aus Winringen bei Prüm gehört zu den gut 12 000 Eigentümern der Genossenschaftsmolkerei. 2012 übernahm Arla Foods die Milch Union Hocheifel (Muh), und damit wanderten die Muh-Landwirte zur ursprünglich dänisch-schwedischen Molkerei. "Ich war und bin ein absoluter Befürworter der Fusion", sagt Heribert Breuer (53) fünf Jahre nach der Fusion. Bis heute gehören die ehemaligen MUH-Landwirte der "Untergenossenschaft" Muh-Arla eG, die nun aber aufgelöst werden soll. Für Breuer ein konsequenter Schritt: "Früher waren wir eine Familie, in der ich jeden gekannt habe, heute sind wir eine sehr große Familie." Doch für den Milchbauern lohnt sich der Zusammenschluss. "Es gibt inzwischen mehr und schneller Informationen", findet Gudrun Breuer (46), die gemeinsam mit ihrem Mann den Hof managt. 90 Milchkühe stehen bei den Breuers im Stall. Es waren auch schon mal 120, doch bei den niedrigen Milchpreisen in den vergangenen beiden Jahren haben viele Landwirte die Zahl bewusst verringert. Rund 8500 Liter Milch liefert jede Kuh im Jahr. Wie sehr da Milchlieferant und Molkerei abgestimmt sein müssen, erklärt Heribert Breuer. "Die Molkerei musste ihre Abholung optimieren und hat bei mir angefragt, ob sie schon um 20 statt um 24 Uhr die Milch abholen kann." Für Breuer war das zunächst eine logistische Frage. Die Kühe werden zweimal täglich gemolken, die Milch - rund 4000 Liter - alle zwei Tage abgeholt. Also musste er den zweiten Melktermin auf 17 Uhr vorziehen. "Das war kein großes Problem. Wenn man in einer so großen Gemeinschaft wirtschaftet, muss man auch flexibel sein."
Unter dem "großen Dach" fühlt sich der Eifeler Milchbauer sehr wohl. "Wenn wir eine Frage haben, gibt es sehr schnell kompetente Hilfe." Doch inzwischen läuft die Kommunikation für ihn über das Internet. Als er 1993 den Hof übernahm, war das alles noch undenkbar. "Alle paar Wochen gab es ein Informationsblatt, heute kann ich mir wann ich will alle Infos ziehen." Diesen Service nutzen immer mehr seiner Kollegen. "Heute sind es sicher schon 60 Prozent der Arla-Landwirte, die so kommunizieren. Wir reden über Düngung, Grünland, Haltung und alle anderen Fragen."
Wenn es um die Vertretung seiner Interessen geht, hat er in der Vertreterversammlung seinen Vertrauensmann, der seinen Leuten berichtet.
Wolfgang Rommel, Arla-Pressesprecher: "Die Vertreter werden geschult, damit sie ihre Kollegen auch über Fragen und Entscheidungen bestens aufklären können." Die 12 000 Mitglieder liefern jährlich rund 13,9 Milliarden Kilo Milch an die Molkerei. In der Vertreterversammlung werden diese Eigentümer durch 180 Vertreter repräsentiert. Die rund 2000 ehemaligen Muh-Milchbauern aus Deutschland, Belgien und Luxemburg entsenden 23 Mitglieder in die Vertreterversammlung.
Mit der Politik seiner Vertreter und der Molkerei ist Breuer durchaus zufrieden. "Bei der jüngsten Preisverhandlung hat Arla dem deutschen Lebensmitteleinzelhandel gezeigt, dass man nicht jedes Preisdiktat mitmacht. Das finde ich gut", sagt Heribert Breuer. "Unser Produkt ist was wert und muss auch ordentlich bezahlt werden." Dass es damit kurzfristig Schwierigkeiten geben könne, nimmt er gerne in Kauf. "In einem so großen Konzern kann man die Milch dort verarbeiten, wo es den besten Ertrag gibt." Wolfgang Rommel stimmt dem zu: "Eine Molkerei, ein Milchpreis." Doch auch für Breuer gibt es eine Schmerzgrenze: "33 bis 34 Cent Grundpreis je Liter brauchen wir, um den Hof rein betriebswirtschaftlich erfolgreich führen zu können. Aber 40 Cent wären gut."
Im vergangenen Jahr lag der Milchpreis teilweise bei nur 24 Cent, eine schwierige Situation. Rund 50 000 Euro habe man so im Jahr weniger eingenommen. Die Familie hat reagiert. Sohn Alexander (23/zur Familie gehören noch die Töchter Lisa (20) und Kristin (15)) baut gerade ein zweites Standbein auf. Ein Stall wird gebaut, und dann geht es mit der Eierproduktion los. Mit Eiern aus der Eifel will man besser für Krisen gerüstet sein. Doch auch unter dem neuen Arla-Dach setzt Familie Breuer aus der Eifel auf eine erfolgreiche Zukunft in der Landwirtschaft.
"Wir wollen die Bindung jeden Mitglieds an unsere europäische Genossenschaft stärken und den Austausch sowie die Kommunikation mit der Basis optimieren", erklärt Aufsichtsratsmitglied Manfred Graff die neue Eigentümerstruktur. Die Struktur gliedert sich in Gebiete, Regionen und Kreise mit entsprechenden Wahl- und Informationsversammlungen. So beständen künftig nicht nur klare, direkte Informationswege, sondern auch verbesserte Möglichkeiten, Mitglieder-Angelegenheiten in der Arla-Vertreterversammlung zur Abstimmung zu bringen. "Unter der Vertreterversammlung, die das oberste Arla Gremium ist, wird es künftig einen sogenannten Gebietsrat geben, dessen Fokus eindeutig auf alle Eigentümerbelange gerichtet sein wird", erläutert Graff. In einer Übergangsphase werden zunächst alle rechtlichen und steuerlichen Fragen geklärt, ehe die drei zentraleuropäischen Einzelgenossenschaften Euregio Arla Genossenschaftsmolkerei (ehemals Molkerei Walhorn), Muh Arla eG und Hansa Arla Milch eG sowie die britische United Kingdom Arla Foods (UKAF) aufgelöst werden können. Sie sollen bis Mitte 2018 in die Arla Foods amba integriert werden. Der Konzernumsatz lag 2016 bei 9,57 Milliarden Euro Umsatz. Im Werk Pronsfeld werden jährlich 1,55 Milliarden Kilogramm Milch verarbeitet.

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