Kartellwächter kritisieren Milchmarkt

Trier · Wettbewerbshüter wollen bessere Lieferbedingungen für Bauern. Doch die Begeisterung hält sich in Grenzen.

Trier Das Bundeskartellamt hat seit einigen Monaten die Geschäftsbeziehungen zwischen Landwirten und Molkereien auf dem Kieker. Nach einem jetzt veröffentlichten Zwischenbericht sind die Lieferbedingungen nach Ansicht der Kartellwächter nicht ausreichend wettbewerbsfreundlich. "Unsere Ermittlungen haben gezeigt, dass die Verträge zwischen Erzeugern und Molkereien in Deutschland lange Kündigungsfristen und Laufzeiten aufweisen", sagt Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Außerdem würden die Landwirte flächendeckend dazu verpflichtet, ihre Milch ausschließlich bei ihrer Molkerei abzuliefern. Es gebe so gut wie keine Wechsel der Molkerei. Nach Ansicht des obersten Wettbewerbshüters ist das problematisch.
In dem Zwischenbericht macht das Kartellamt Vorschläge, wie die Lieferbeziehungen zwischen Bauern und Molkereien wettbewerbsfreundlicher gestaltet werden können. Da ist unter anderem die Rede von kürzeren Kündigungsfristen, der Festlegung von Preisen vor (statt nach) der Lieferung und der Vereinbarung fester Liefermengen. Nun können sich "interessierte Wirtschaftskreise" zu den vom Kartellamt so bezeichneten Anregungen äußern.
Die Freude über das Zwischenergebnis scheint sich allerdings in Grenzen zu halten. Der Milchindustrie-Verband (MIV) hält die Schlussfolgerungen des Kartellamts für nicht nachvollziehbar. "Das Bundeskartellamt möchte die seit Jahrzehnten gelebte marktwirtschaftliche Vertragsfreiheit durch ein restriktives System und Verbote ersetzen", sagt MIV-Hauptgeschäftsführer Eckhard Heuser. Die Vorschläge der Behörde seien schon deshalb unbrauchbar, weil sie nicht das Ziel eines langfristig höheren Milchpreises erreichten. "Wir sprechen uns deutlich gegen diese Bevormundung aus", sagt Milchverbandschef Heuser.
Ähnlich kritisch äußert sich auch Arla-Sprecher Wolfgang Rommel. Das System der Genossenschaftsmolkereien funktioniere, sagt Rommel, die Landwirte seien Eigentümer und könnten Vertragsbedingungen mehrheitlich ändern, wenn sie ihnen nicht gefielen. Zudem habe Arla die Kündigungsfristen schon vor längerer Zeit auf ein Jahr verkürzt und gebe den Milchpreis - wie vom Kartellamt gefordert - vorher an, statt den Preis erst nach der Lieferung festzusetzen. Hochwald-Sprecherin Kathrin Lorenz wollte sich mit Verweis auf das laufende Musterverfahren gegen die größte deutsche Molkerei Milchkontor (DKM) nicht äußern. Gegenüber dem Kartellamt habe man aber eine Stellungnahme abgegeben. Die Wettbewerbshüter hatten zu den Milchlieferbedingungen 89 genossenschaftliche und private Molkereien befragt, die etwa 98 Prozent der gesamten Milchanlieferungsmenge verarbeiten.
Die Milchbauern im nördlichen Rheinland-Pfalz versprechen sich von der Kartellamtsprüfung offenbar keine großen Wohltaten. Nach Meinung von Bauernpräsident Michael Horper sollten sich die Wettbewerbshüter zunächst die Konzentration im Einzelhandel vornehmen. "Die Discounter können machen, was sie wollen. Sie knüppeln die Preise immer weiter runter", kritisiert Horper.
Auch Kurt Kootz vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) sieht die Kartellamtsprüfung kritisch. "Die Untersuchung bringt nichts, wenn die Bauern in Genossenschaften bleiben und ihre Chance nicht nutzen, eigene Milcherzeugergemeinschaften zu bilden", so der BDM-Landesvorsitzende.
Zuletzt hat sich der Milchpreis wieder etwas stabilisiert. Nachdem die Preise im vergangenen Jahr teils um die 20 Cent pro Liter lagen, bekommen die Bauern inzwischen wieder über zehn Cent mehr.ZWEI GROßE MOLKEREIEN IN DER REGION

Extra

Die mit ihrem Hauptwerk in Thalfang sitzende Hochwaldgruppe verarbeitet jährlich 2,3 Milliarden Kilogramm Milch. Sie hat 5000 Lieferanten und 4700 Genossen. Die Hochwaldgruppe beschäftigt knapp 2000 Mitarbeiter. Pronsfeld im Eifelkreis Bitburg-Prüm ist der größte Produktionsstandort des Molkerei-Konzerns Arla Foods. In Pronsfeld verarbeiten gut 1000 Mitarbeiter jährlich 1,5 Milliarden Kilogramm Milch. Arla Foods ist eine europäische Molkereigenossenschaft, die rund 12 500 Landwirten gehört.

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