Verfahren um versuchten Totschlag in Wittlich: Die Pistole am Kopf

Trier/Wittlich · Im Sicherungsverfahren gegen einen 90-Jährigen wegen versuchten Totschlags bringen Zeugenaussagen neue Details zur mutmaßlichen Tat hervor.

Ein Brautpaar feiert mit 15 Gästen seine Hochzeit - eigentlich ein schöner Anlass. Doch das Fest wird gestört. Von einem Mann, der aufgebracht seine Frau sucht, und seinen ahnungslosen Nachbarn mit einer Waffe in der Hand auffordert, ihm deren Aufenthaltsort zu nennen. So schildert Alexander H. den Abend des 4. November 2016. Er ist Zeuge im Sicherungsverfahren gegen einen 90-Jährigen aus Wittlich.

Ihm wird vorgeworfen, seine Lebensgefährtin nach einem Streit gewürgt und mit dem Tode bedroht zu haben. Außerdem soll er mehrfach auf die flüchtende 81-Jährige geschossen haben, verfehlte sein Ziel aber. H. feierte an diesem Abend in seinem Haus auf der Hochzeit der Schwägerin. Plötzlich habe der Beschuldigte geklingelt und wollte in dem Haus nach seiner Frau suchen. "Er klang irgendwie verwirrt", sagt H. Dann soll der Mann eine Waffe auf ihn gerichtet haben. H. schiebt, wie er sagt "ganz ruhig die Hand beiseite", der Mann beruhigt sich.

Er geht weg vom Haus, H. folgt ihm bis zu einer Hecke, "wo er irgendwas gemacht hat". Die Beamten finden dort später eine Waffe, zwei Patronenhülsen liegen auf der Straße. Vermutlich von den Schüssen, die der 90-Jährige in Richtung seiner Lebensgefährtin abgegeben haben soll. H. und der Beschuldigte warten gemeinsam vor dessen Haus, bis die Polizei eintrifft. Zu diesem Zeitpunkt soll der Rentner vollkommen ruhig gewesen sein.

Ruhig und gefasst war offenbar auch das mutmaßliche Opfer später am Abend. Die 81- Jährige kehrte gemeinsam mit ihrem Sohn an den Tatort zurück. Der Beamtin zufolge, die noch am Abend die erste Vernehmung durchführte, schilderte die Frau den Tathergang unaufgeregt und nicht theatralisch.

Von Vernehmungen der Frau berichteten auch ein weiterer Beamter der Polizeiinspektion Wittlich sowie ein Mitarbeiter der Spurensicherung, der den Tathergang rekonstruiert hatte. Ihren Aussagen in den Vernehmungen zufolge hat der 90-Jährige sie im Schlafzimmer des gemeinsamen Hauses zunächst von hinten gewürgt und ihr dann eine Pistole an den Kopf gehalten. "Ich schieß' dich weg, du Luder", soll er gesagt haben. Als er kurz von ihr abließ, habe die Frau fliehen und aus dem Haus laufen können.

Auf der Straße dann die Schüsse. Das mutmaßliche Opfer habe von drei Schüssen berichtet, die Spurensicherung fand allerdings nur zwei Patronenhülsen. Noch während ihrer Flucht soll die Frau vom Handy aus ihren Sohn angerufen haben.

Unklar blieb an diesem zweiten Verhandlungstag vor dem Trierer Landgericht, wie es zum Streit des Paares und damit zum Auslöser für die folgenden Ereignisse kam. Zunächst hatte es geheißen, der Mann habe die Einnahme von Medikamenten verweigert. Sowohl der Nachbar als auch ein Polizist berichteten aber übereinstimmend, der 90-Jährige habe seine Partnerin an diesem Abend bezichtigt, Notar-Dokumente gestohlen zu haben.

Das mutmaßliche Opfer und der Beschuldigte haben sich außerdem selbst zum Tathergang geäußert, auf Antrag ihrer Anwälte aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Der Prozess wird am 16. Mai fortgesetzt.

Kein gewöhnliches Verfahren
Der 90-Jährige war wegen seiner Demenz zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Tat nicht schuldfähig. In der Verhandlung geht es deshalb nicht um eine Strafe, sondern um die Anordnung einer Sicherungsmaßregel. Die Staatsanwaltschaft stellt mit der sogenannten Antragsschrift einen Antrag auf dauerhafte Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung. Wenn das Gericht dem Antrag statt gibt, ist die Unterbringung unbefristet. Sie muss allerdings jedes Jahr aufs Neue überprüft werden.

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