Leben in Würde, bis zuletzt

Fragt man Freunde, ob sie Angst vor dem Tod haben, antworten viele: Nicht vor dem Tod, vor dem Sterben. Die Furcht vor einem qualvollen Siechtum, bei dem der Tod als einzig mögliche Erlösung erscheint, ist weiter verbreitet als das Wissen um die Palliativmedizin, die Patienten oft bis in die letzten Stunden ihres Daseins ein Leben in Würde ermöglichen hilft.

Von vielen wird die Palliativmedizin als eine Form der Sterbebegleitung gesehen. Tatsächlich jedoch steht in der palliativmedizinischen Arbeit "nicht das Sterben, sondern die Qualität des verbleibenden Lebens im Mittelpunkt", so der Bonner Professor Eberhard Klaschik. Auch deshalb sollte die Palliativmedizin schon dann einsetzen, wenn der Patient von seiner chronisch fortschreitenden und lebensbegrenzenden Erkrankung erfahren hat. Wie viel Zeit ihm nach seiner Diagnose noch bleibt, ob Wochen, Monate oder gar Jahre, ist meist völlig ungewiss. Doch Studien zeigen, dass eine frühzeitige ganzheitliche Behandlung körperlicher und psychischer Symptome sowie das Eingehen auf besondere Bedürfnisse, etwa solcher spiritueller Art, nicht nur die Qualität des verbleibenden Lebens verbessern helfen, sondern dieses auch verlängern können. Für viele Patienten und auch deren Angehörige kann die letzte Lebensphase ein intensiver, wenn auch trauriger und im besten Sinne des Wortes bereichernder Prozess werden, und diese Phase beginnt lange vor dem Sterben. Gute Palliativmedizin hat den ganzen Menschen im Blick und dessen individuellen Bedürfnisse im Auge. Auch bei einem Verlust der Integrität des Körpers kann sie helfen, die Integrität der Person zu erhalten. Statt "nichts mehr zu machen" sollte die Devise lauten: "Da ist noch viel, das getan werden kann und getan werden muss." Richtig verstandene Palliativmedizin kann hierzu einen entscheidenden Beitrag leisten.Dr. med. Elisabeth Conrad-Opel ist Oberärztin der Anästhesie und Schmerzmedizin und Leiterin des Palliativmedizinischen Konsiliardienstes im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier Kolumne Alles gesund

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