Bald Polizei-Wachen im Internet?

Trier · In den meisten Bundesländern können Strafanzeigen online gestellt werden. Der Mainzer Innenminister findet das Projekt gut, hat aber auch noch ein paar Bedenken.

 In Berlin können Anzeigen schon jetzt online erstattet werden, in Rheinland-Pfalz ist das noch Zukunftsmusik. TV-Foto: Friedemann Vetter

In Berlin können Anzeigen schon jetzt online erstattet werden, in Rheinland-Pfalz ist das noch Zukunftsmusik. TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter (ClickMe)

Wem das Fahrrad gestohlen oder das Auto zerkratzt wurde, der braucht gute Nerven und Zeit. Allein eine Strafanzeige bei der Polizei zu stellen, kann dauern. Das könnte sich in absehbarer Zeit in Rheinland-Pfalz ändern. Im Mainzer Innenministerium denken die Verantwortlichen über die Einführung einer virtuellen Polizeidienststelle nach. Die Entscheidung solle noch in diesem Jahr fallen, sagte Landesinnenminister Roger Lewentz (SPD) am Montag unserer Zeitung.

In elf von 16 Bundesländern gibt es bereits sogenannte Online-Wachen. Vorreiter war Brandenburg. Dort können bestimmte Straftaten schon seit 14 Jahren über eine Internetseite der Polizei online gemeldet werden. Dazu gehören etwa Sachbeschädigungen, Körperverletzungen, Beleidigungen, Diebstähle oder Betrügereien beim Einkaufen im Internet.

Auch in Berlin müssen Opfer von Straftaten nicht unbedingt zur Polizei gehen. Wem etwa das Smartphone, der Führerschein oder die EC-Karte gestohlen wurde, kann dies online melden.

Immer mehr Bürger machen von dieser Möglichkeit Gebrauch. Innerhalb von vier Jahren stieg die Zahl der übers Internet gestellten Strafanzeigen von 62.300 im Jahr 2012 auf fast 100.000 im vorletzten Jahr. Zum Vergleich: Rund 800.000 Strafanzeigen jährlich wurden in Berlin auf die konventionelle Art und Weise gestellt, indem die Opfer selbst zur Polizei gingen.

Ähnlich ist die Situation auch in den anderen Bundesländern, die Online-Wachen haben. Neben Rheinland-Pfalz haben bislang nur das Saarland, Thüringen, Bremen und Bayern keine virtuellen Wachen. Noch nicht. Denn im Zeitalter der Digitalisierung gehen den Bundesländern ohne Online-Wachen die Argumente aus. Das weiß auch der Mainzer Innenminister Roger Lewentz. "So stark, wie wir die sozialen Medien in unserem Leben einbinden, stehe ich der Online-Wache aufgeschlossen gegenüber", sagt der SPD-Politiker. Allerdings dürfe man die Polizei organisatorisch nicht überfordern, betont Lewentz unter Verweis auf das gerade in der Region Trier gestartete Modellprojekt Elektroschockpistolen (Taser) oder den flächendeckenden Einsatz von Körperkameras (Bodycams).

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Pia Schellhammer, befürwortet Online-Wachen. "Für die Bürger werden Hemmschwellen abgebaut, und für die Polizisten fallen bürokratische Aufgaben weg", begründet Schellhammer ihre Zustimmung. Auch CDU-Innenexperte Matthias Lammert ist grundsätzlich für ein solches Projekt: "Wir sind für alle Maßnahmen, die die Polizei entlasten und die Effizienz steigern", sagt Lammert.

Die Gefahr, dass die Online-Wache missbraucht wird, um andere anonym zu denunzieren, ist offenbar gering. Wer übers Internet eine Strafanzeige stellt, dessen Computernummer (IP-Adresse) wird automatisch mitübertragen. Zudem, so die Polizei, sei das Vortäuschen eines Delikts strafbar.

Bei der Online-Wache ist das Land noch offline

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