Neue Ideen für Lehr- und Lernorte

Trier · Die Digitalisierung der Hochschullehre findet noch überwiegend im Verborgenen statt. An der Uni Trier soll das anders werden.

Trier Flexibel verstellbares Mobiliar, Videosystem, Wandschienen mit beliebig anzuordnenden Tafel- und Präsentationsflächen, moderne IT- und Medienausstattung - wie ein Seminarraum der Zukunft aussehen kann, zeigt die Universität Passau mit ihrem Didaktischen Labor (Dilab). Die traditionelle Frontalausrichtung der Lernenden ist aufgehoben. Es geht darum, Freiraum für Kreativität und gemeinsames Lernen zu schaffen.
Was in Passau bereits der Erprobung neuer und interdisziplinärer Lehr- und Lernformen dient, soll bald auch an der Universität Trier Wirklichkeit werden. "Wir haben zwar bereits innovative Lehr- und Lernorte wie seit 2012 das BioGeo-Labor", sagt Unipräsident Michael Jäckel. "Mit dem geisteswissenschaftlich-mathematischen Lehr-Lern-Labor sollen aber auch Lehramtausbildung und didaktische Forschung neue Möglichkeiten erhalten." Ähnlich wie beim Bio-Geo-Labor werden dort in den Semesterferien auch Schüler und Lehrkräfte experimentieren und sich fortbilden können.
Der multifunktionale Raum ist Teil der Digitalisierungsstrategie der Universität. Denn nachdem die Digitalisierung im Bereich der Organisation und Planung des Studiums bereits unverzichtbar ist, gibt es bei Lehre und Forschung noch jede Menge Entwicklungspotenzial.
Ein Studium ohne eine elek tronische Plattform, die Anmeldung, Sprechstunden oder den Zugriff auf Lehrmaterialien erlaubt, ist nach Aussage von Jäckel heute nicht mehr vorstellbar. Die Suche nach passgenauen Konzepten in der Lehre sei aber noch im Gange. So gibt es auch nach zwei Jahren intensiver Diskussion im bundesweiten Hochschulforum Digitalisierung zwar einen Endbericht. Konkrete Handlungsempfehlungen bietet dieser nicht. Vielmehr wird in 20 Thesen beschrieben, warum sich in einer Gesellschaft des digitalen Wandels auch die Hochschulen verändern müssen. Es geht um die Zukunft in den Bereichen Wissensvermittlung, Forschung, die Weiterentwicklung der Lehre und den Datenschutz. Beschrieben werden das neue Rollenverständnis der Lehrenden und ihr Wandel von Dozenten zu Mentoren. Die Herausforderung Datenschutz wird formuliert - und auch die Notwendigkeit, neue Finanzierungsmodelle und Personalstrukturen zu finden. Die Hochschule 4.0 ist auch in Trier keine Vision. Der Wandel hat begonnen, auch wenn er an der Universität optisch derzeit vor allem durch die Studierenden mit gezücktem Smartphone symbolisiert wird. Das soll sich bald ändern. "Ich hoffe sehr, dass im Sommer mit der Erweiterung der Bibliothek begonnen wird", nennt Michael Jäckel ein vorrangiges Projekt, mit dem auf dem Campus innovative Lehr- und Lernorte entstehen sollen. "Das wird sicher nicht das letzte sein."
Hinter den Kulissen hat sich laut Jäckel bereits viel getan: Diverse Formen des Lernens und der Lehre mit digitalen Medien seien bereits jetzt etabliert. So gehören Videoaufzeichnungen und Liveübertragungen aus anderen Universitäten schon länger zum Alltag. Interaktive Lernmodule zur Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen gibt es zum Beispiel in den Bereichen Psychologie, Geowissenschaften und Medienwissenschaften. Mit dem Wintersemester 2011/2012 wurde laut Jäckel eine Infrastruktur für E-Tutorien und E-Klausuren aufgebaut. "Seitdem gab es 17 425 E-Klausuren", listet er auf.
Mit dem interaktiven System "Cliqr" können Dozenten in ihren Veranstaltungen online Fragen an die Studenten stellen. Die antworten mit ihrem Smartphone, Tablet oder Notebook. Je nach Abstimmungsergebnis kann dann der Lehrende entscheiden, ob ein Thema weiter vertieft werden muss oder verstanden wurde.
Studierende der Bildungswissenschaften entwickeln effiziente Unterrichtskonzepte für den sinnvollen Einsatz von interaktiven Whiteboards in Schulen. Und als eines der Prunkstücke digitaler Veränderung nennt der Universitätspräsident das virtuelle Museum des noch neuen Fachbereichs Digitale Geisteswissenschaften. "In verschiedenen virtuellen Themenräumen werden anhand von interaktiven Stationen Inhalte des Master-Studiengangs lehr- und lernbar gemacht sowie zentrale Debatten aufgegriffen."
Digitalisierung biete viele neue Möglichkeiten, mache eine Anwesenheitsuniversität auch in Zukunft nicht überflüssig. "Moderne Lernorte braucht das Land", sagt Jäckel.
Was er konkret meint, hat er in einem Gastbeitrag für den Trierischen Volksfreund formuliert (siehe Info unten links).

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