Keine Kameras an Konzer Bahnsteigen

Konz · Weder das Land noch die Bahn halten die Installation von Überwachungstechnik an den Konzer Bahnhöfen für sinnvoll. Allerdings lässt ein Blick auf das Saarland Zweifel an den Argumenten gegen die Kameras zurück.

 Anders als am Berliner Hauptbahnhof werden Fahrgäste in Konz nicht durch Kameras überwacht. Foto: dpa

Anders als am Berliner Hauptbahnhof werden Fahrgäste in Konz nicht durch Kameras überwacht. Foto: dpa

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Konz Eine Schlägerei, wenige Zeugen: Am Silvesterabend gibt ein mutmaßliches Gewaltopfer, ein 47-jähriger Mann, bei der Polizei an, dass er von mehreren Jugendlichen am Konzer Bahnhof verprügelt und bestohlen worden sei. Später heißt es bei der Staatsanwaltschaft, dass das mutmaßliche Opfer möglicherweise selbst Täter gewesen sei. Der zunächst als möglicher Haupttäter gesuchte 18-jährige Konzer habe aus Notwehr gehandelt und sei entlastet, erklärte der Leitende Trierer Oberstaatsanwalt, Peter Fritzen. Die Ermittlungen richteten sich nicht mehr gegen den Jugendlichen, sondern gegen den Mann, der sich selbst zum Opfer stilisiert hatte. Dass die Ermittler dieses mutmaßlich perfide Vorgehen aufgedeckt haben, ist vor allem dem akribischen Abgleich unterschiedlicher Zeugenaussagen zu verdanken. Unabhängig von den juristischen Konsequenzen sind die Schlägerei und die Ermittlungen in Konz nicht nur Stadtgespräch, sondern auch Politikum geworden: Viele Konzer mutmaßen, dass die Ermittlungen einfacher und schneller gewesen wären, wenn der Bahnhof mit Kameras überwacht würde. Damit solche Delikte künftig leichter aufgeklärt werden können, hat die CDU im Konzer Stadtrat die Installation von Überwachungstechnik gefordert. Inzwischen ist klar, dass daraus - zumindest vorerst - nichts wird. Gründe der Bahn Die Deutsche Bahn macht ihren Standpunkt in einem Schreiben an Bürgermeister Karl-Heinz Frieden klar: "Konkret zu den von ihnen angefragten Bahnhöfen ist derzeit aus Einschätzung der Sicherheitsbehörden und der Deutschen Bahn AG eine Videoausstattung nicht vorgesehen." Allgemein erläutert der Konzern in dem Schreiben, dass die flächendeckende Videoüberwachung aller Bahnhöfe laut Bundesdatenschutzgesetz nicht zulässig sei. Trotzdem habe Videotechnik an Bahnhöfen eine "hohe Priorität" für die Bahn. Sie sei aber nur ein Baustein für das Sicherheitskonzept des Unternehmens. Vorrangig werde auf die Präsenz qualifizierter Ordnungskräfte gesetzt. Die ergriffenen Maßnahmen entsprächen immer der jeweiligen Sicherheitssituation vor Ort, betont die Bahn. Das sagt das Land Der CDU-Landtagsabgeordnete Bernhard Henter, der auch den Antrag im Stadtrat eingebracht hatte, begnügt sich mit dieser Abfuhr nicht. Er hat deshalb eine kleine Anfrage an die Landesregierung zu dem Thema gestellt. In der von Innenminister Roger Lewentz (SPD) unterschriebenen Antwort verweist das Land auf das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz: Bildaufzeichnungen in öffentlich zugänglichen Räumen seien nur "zulässig, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr erforderlich sei." Ansonsten seien Bild- und Tonaufzeichnungen nur an gefährlichen Orten möglich. Es müsse belegt werden, dass an diesen Orten Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung begangen werden, heißt es in der Antwort an Henter. Die Konzer Bahnhöfe und deren Umfeld seien aber keine Kriminalitätsschwerpunkte. Das Fazit des Landes lautet deshalb: "Eine dauerhafte Überwachung des Umfeldes der Konzer Bahnhöfe durch Videotechnik ist daher derzeitig weder erforderlich noch zulässig." Polizei Die Bundespolizei, die für die Sicherheit auf den Bahnhöfen zuständig ist, hat im Jahr 2016 zehn Delikte am Bahnhof Konz registriert. An den anderen Haltepunkten in Konz waren es fünf. Laut der Pressesprecherin der Bundespolizei in Trier, Stefanie Klein, waren die meisten davon Eigentumsdelikte oder Sachbeschädigungen. Konz gilt aus Sicht der Bundespolizei nicht als Kriminalitätsschwerpunkt. Allerdings beurteile die Bundespolizei die Lage von Tag zu Tag neu. Wenn Auffälligkeiten oder Delikte registriert würden, seien auf jeden Fall Beamte vor Ort. Ein Sprecher des Präsidiums erläutert nur, dass die detaillierte Polizeistatistik für das Bahnhofsumfeld in der Stadt Konz nicht auf Knopfdruck auszuwerten sei. Er betont, dass die Polizeiwache Konz und die Polizeiinspektion Saarburg seit 2010 durch ein spezielles Präsenzkonzept zur Sicherheit in Konz beitrügen, auch an den Bahnhöfen. Darüber führe die Konzer Verwaltung einen regelmäßigen Dialog mit der Polizei. Blick über die Grenze Was in Rheinland-Pfalz nicht funktioniert, scheint im Saarland doch zu gehen. Dort hat Landesinnenminister Klaus Bouillon im Februar am Bahnhof in Dillingen, das mit etwa 20 000 Einwohnern nur wenig größer als Konz (18 000 Einwohner) ist, ein Konzept zur Videoüberwachung an kleinen Bahnhöfen vorgelegt, von dem neben Dillingen St. Wendel, Saarbrücken-Burbach und Friedrichsthal profitieren sollen. Auf Henters Frage, warum so etwas im Saarland gehe, in Konz aber nicht, verweist die rheinland-pfälzische Landesregierung darauf, dass sie über die dortige Kriminalitätslage keinen Überblick habe. Auf TV-Anfrage bei der Pressestelle der saarländischen Bundespolizei in Bexbach erklärt ein Sprecher aber, dass auch diese vier Stationen keine Kriminalitätsschwerpunkte seien. Allerdings seien die Reisendenzahlen zumindest in Dillingen und St. Wendel mit täglich 4000 Passagieren ziemlich hoch. Doch der Vergleich mit Burbach (700) und Friedrichsthal (500) zeigt, dass auch Konz sich mit seinen etwa 1300 Ein- und Aussteigenden nicht verstecken muss. Warum die saarländischen Stationen mit Kameras ausgestattet werden sollen, der Bahnhof Konz aber nicht, bleibt weiter unbeantwortet. KommentarMeinung

Eine gute Nachricht mit BeigeschmackKonz ist anscheinend aus Sicht der Landesregierung für die Installation von Überwachungskameras nicht kriminell genug. Das ist für die Bewohner der Saar-Mosel-Stadt eigentlich eine gute Nachricht. Doch die Argumentation der Deutschen Bahn gegen die Installation von Kameras ist dann doch nicht nachvollziehbar - gerade mit Blick auf die Absichtserklärung des Großkonzerns, im Saarland Kameras auch in kleineren Bahnhöfe installieren zu wollen. Denn die vier Stationen, die mit Überwachungstechnik ausgestattet werden sollen, sind wie Konz keine Kriminalitätshochburgen. Und mehr Reisende als in Konz sind nur auf zwei der saarländischen Bahnhöfe unterwegs. Da erscheint die Auswahl der Stationen, die für Überwachungskameras infrage kommen, willkürlich und angreifbar. c.kremer@volksfreund.de

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